Freitag, 17. September 2010

Kwaya Contest III

Heute am Sonntag fand das kleine Finale statt und nachdem ich den Posaunenchor von dem Agape Junior Seminary auf ihr Vorspiel vorbereitet hatte erwartete ich den heutigen Tag auch mit einer guten Portion Spannung.

Schon in unserem Pastorat hörten wir über die Lautsprecher an diesem Morgen die Begrüßung der verschiedenen Chöre. Als wir uns zu um 10h auf den Weg zum Bibelschulgelände machten war dort ein buntes Gewimmel von Sängern in den verschiedensten Chorgewändern. Auch wenn es kurz vor 10h war, gab es erst mal noch im Lehrerzimmer den obligatorischen Chai mit einer „Kleinigkeit“ zu essen. In aller Seelenruhe machte man sich danach auf zum Gottesdienst.

Bereits im Gottesdienst stellten sich die Chöre mit je einem Lied vor und da an einem so wichtigen Tag wie heute auch eine ordentliche Predigt nicht fehlen durfte, wurde es einfach mal ein etwas längerer Gottesdienst.

Bevor es mit dem eigentlichen Contest losgehen konnte, wurde die Reihenfolge der Chöre ausgelost. Es gab fünf Blöcke (Frauenchor, Jugendchor, Secondary-Chor, Gemischter Chor und Posaunenchor) und jeder Chor hatte seine Performance vorbereitet. Schließlich ging es los und wiedermal konnte ich begeistert den Facettenreichtum tanzanischer Chormusik erleben. Es war eine Wonne, die verschiedenen Chöre zu hören und zu sehen, auch wenn ich nach wie vor meine Vorbehalte gegen diese Form des Wettkampfes habe.

Je näher wir dem Ende kamen desto mehr stieg die Spannung bei mir, denn den letzten Block bildeten die Posaunenchöre. Kurz vor ihrem Auftritt war ich nochmal bei den Jungs gewesen, die unendlich aufgeregt waren und am liebsten alles nochmal geprobt und ausprobiert hätten. Die Konkurrenz war in ihren Augen groß und so stieg die Nervosität nur noch mehr. In der Tat war der Posaunenchor aus Lole mit schwerem Gerät angerückt und hatte seinem Namen entsprechend („Lole Brass Band“) auch Schlagwerk mit dabei.

Die Jungs vom Seminary waren als zweites dran und zogen zu „Danke für diesen guten Morgen“ ein. Direkt im ersten Stück, Robbles „Swing low“, gab’s einen Patzer und so brachen sie ab und setzten ziemlich souverän nochmals an. Etwas schneller als geprobt brachten sie es dann über die Bühne. Das zweite Stück klappte ziemlich grandios und so wurden sie mit reichlich Applaus verabschiedet.

Bevor es zu der Punkteverteilung kam, gab es zunächst Mittagessen – immerhin war es schon kurz vor 4 Uhr. Als dann wieder alle zusammengekommen waren, erläuterte der Juryvorsitzende die Bewertungskriterien und gab ein Feedback zu sämtlichen Beiträgen. Gleichzeitig machte er eine kleine Chorleiterschulung daraus, so dass jeder Chor an diesem Tag etwas lernen konnte.

Nachdem den Vorjahressiegern eine DVD des letztjährigen Contest überreicht wurde, wurden endlich die Punkte verteilt. Zunächst die Vocalchöre und zum Schluss die Posaunenchöre. Mit einem Vorsprung von 15 Punkten gewannen die Jungs vom Agape Seminary den ersten Platz, vor der Brassband aus Lole. Sie waren total aus dem Häuschen, freuten sich tierisch und waren ebenso stolz. Nun fahren sie am nächsten Wochenende zum Finale nach Hai, wo sich die besten Chöre aus dem Kilimanjarodistrict treffen.

Kwaya Contest II

Mittlerweile sind die Vorrunden abgeschlossen und man bewegt sich auf das große Finale am nächsten Wochenende zu. Dieses Wochenende findet das kleine Finale auf dem Gelände unserer Bibelschule statt. In dieser ganzen Woche wurde das Gelände von den Bibelschülern auf Vordermann gebracht, die Hecken geschnitten, der Rasen (mit gekrümmten Macheten) gemäht, eine Tribüne aufgebaut und eine Arena mit großen Stoffbahnen abgetrennt.

Meinem Musikkollegen brannte der Kopf und mit einer entsprechenden Handbewegung fasste er sich an selbigen. Ob ich ihm einen großen Gefallen tun könne. Es gäbe da so einen Posaunenchor in einer Secondaryschool, die wären ganz fit, hätten aber keinen Musiklehrer und hätten bei ihm angefragt, ob er ihnen nicht den letzten Schliff verpassen könnte. Wenn ich ihm das abnehmen könnte, wäre er mir total dankbar, denn jetzt von der Bibelschule weg zu fahren, das ginge einfach nicht.
Ich hatte kaum geantwortet, da hatte er auch schon sein Handy gezückt, mit der Schulleitung telefoniert und direkt im Anschluss daran einen Motorradfahrer für mich organisiert. Anders wäre das Seminary nicht zu erreichen. Keine zwei Stunden später fand ich mich auf dem Pikipiki wieder und los gings durch die Staubwüste der Straßenbaustelle. Doch nicht lange, denn zum Seminary bog der Weg ab und führte querfeldein durch die Kaffee- und Bananenfelder. Auf einer Bergkuppe hielt der Pikipikifahrer kurz an und zeigte auf die nächste Bergspitze – dort wäre das Seminary. In der Tat sah ich dort oben einige Gebäude und hatte ein wenig das Gefühl in den Kulissen vom „Herrn der Ringe“ zu sein.

Die Kombination von PS-Stärke und Fahrfreude brachte uns relativ bald ans Ziel. In der Schule war der Unterricht schon vorbei und nach dem Mittagessen begann nun das Nachmittagsprogramm. Voller Neugier wurde ich wieder mal beäugt, während die Jungs vom Posaunenchor draußen Stühle zum Proben aufstellten und ich eine kurze Vorstellung der Schule bekam.

Es war eine für Tanzania recht klassische, aber mit 600 Schülern eher kleine Schule. Aus ganz Tanzania kommen die Kids, die hier zur Schule gehen und in Dormitories leben. Es ist wirklich nichts in der Nähe, so dass man relativ ungestört unterrichten kann. Doch die Kehrseite war dem dort lebenden Lehrer auch deutlich anzuspüren – man ist einfach mal weit ab vom Schuss. Zu der Schule gehört ebenfalls eine „kleine“ Farm mit 10 Hektar, 26 Kühen, 12 Schweinen, ca. 20 Ziegen und einigen Hühnern. Außerdem noch eine Kirche, die grade gebaut wird. Der Schulpastor war mir nicht unbekannt – einer meiner Kollegen und ehemaliger Nachbar ist dort seit Anfang September neu hin berufen worden.

Während dieser Einführung waren die Jungs mit dem Aufbauen fertig – sogar Notenständer hatten sie und die Instrumente waren in einem überraschend guten Zustand. Ein wenig skurril war das Setting schon.
Gut 200 Schüler standen zufällig herum oder an die Schulgebäude gelehnt, während hinter mir der Berghang hinunter ging. Die umliegenden Berge verschwanden teilweise in den Wolken, so dass auch der Kilimanjaro nicht zu sehen war. Die für Tanzania typischen weißkrausigen Krähen kreisten am Himmel und mir schien die Sonne durch einen Dunstschleier gedämpft ins Gesicht.

Die Probe mit den Jungs war einfach eine riesige Freude!
Zunächst waren sie noch etwas schüchtern, doch bald hatten sie sich frei gespielt und ich glaube wir alle hatten einen ziemlichen Spaß. Letztlich probten wir nur die beiden Stücke für Sonntag, und dennoch verging die Zeit wie im Fluge, Es war Zeit für das Abendappel. Jeden Abend wird an öffentlichen Gebäuden um 18h die Tanzaniaflagge eingeholt, welche morgens um 6h gehisst worden ist.

In dem Seminary wurde dieses Appel gleichzeitig mit der Abendandacht verbunden. So füllte sich der Schulhof zunehmend mit den Schülern und auch ein Altar wurde aufgebaut. Die Andacht wurde von zwei älteren Schüler gehalten und lief gänzlich ohne einen Lehrer ab.
Kurz vor Ende der Andacht zog ein Grüppchen los – sie hatten Küchendienst und sollten der Dada bei der Essensausgabe helfen.

Inzwischen war auch die Schulleiterin gekommen, mit deren Fahrer ich wieder zurück nach Mwika fahren sollte. Ehe dieser von seinem Botengang zurückkam unterhielten wir uns ein wenig. Sie erzählte mir, dass sie schon mehrmals in Deutschland gewesen sei und auf meine scherzhafte Frage, ob sie denn nun auch Deutsch sprechen würde antwortete sie „ain bischchen!“

Mit ihrem Fahrer gings nun einen anderen Weg, der auch von einem Auto befahren werden konnte, zurück. Er schien sich ziemlich sicher zu sein, dass ihm keiner entgegenkommen und dass die Menschen schnell genug zur Seite springen würden. In der Tat kam uns auch nur ein Wahlpropagandaauto entgegen und auf unserer Kühlerhaube landete kein weiterer Fahrgast.

Als wir die Hauptpiste erreichten stieg ich in einen andern Wagen um, der mich dann wieder zurück nach Mwika brachte. Ziemlich beeindruckt kam ich dort an und bin nun gespannt, wie die Jungs am Sonntag abschneiden werden.

Montag, 13. September 2010

"Der Drops ist gelutscht" ...

oder: „Shoko ist nicht mehr!“

Und das nur weil Menschen wie du und ich einfach mal gesellig beisammen sein wollten…
So, oder ähnlich würde dieser Blogeintrag enden müssen, wäre es eine Stenkelfeld-Folge. Vielleicht mag es ein wenig makaber klingen, doch uns hat es geschmeckt.

Nach meinem Blogeintrag über unseren Chorausflug nach Shokony wurde ich häufiger gefragt, wie es denn meinem Huhn ginge. Nun, mein Huhn war gar kein Huhn sondern ein Hahn und deswegen hätte ich auch nie erfahren, welche Eier Shoko legen würde. Doch dank der fürsorglichen Pflege Mama Moshis ist Shoko wohlgediehen und nun den Gang gegangen, den alle Hähne in Tanzania früher oder später gehen müssen.*

Eines Tages kam Mama Moshi auf mich zu und fragte wann ich denn nun mein Kuku schlachten wollte. Sie müsse demnächst umziehen und auf tanzanische Art und Weise gab sie mir zu verstehen, dass es wohl besser wäre, wenn Shoko nicht mit umziehen müsse.

Also verabredeten wir uns für einen Tag und mit einem Messer** gewappnet machte ich mich am späten Nachmittag auf den Weg zu ihr rüber. Vor ein paar Monaten haben wir mit einigen Volontären schon einmal „indisch Curry mit lebend Huhn“ gekocht und so war es nicht mein erstes Huhn was ich in Tanzania schlachten sollte. Doch damals hatten wir ein wenig Probleme es auszunehmen, deswegen wollte mir Mama Moshi nun zeigen, wie man ein Kuku richtig ausnimmt und dann tanzanisch kocht. Auf dem Markt hatte ich bereits die Zutaten eingekauft und nun fehlte nur noch das Huhn.
Da Mama Moshi selbst noch „kurz“ auf dem Markt war, aber das Wasser schon kochte, machte ich mich gemeinsam mit ihrem Mann daran den Hühnerstall um einen Mitesser zu erleichtern. Der kleine Sohn war nicht wirklich erbaut, schaute aber zunächst fasziniert zu, ehe er sich mit zugehaltenen Augen abwendete.***

Unser erstes Kuku hatten wir nach einer Methode geschlachtet, die ich in Dodoma in einem Straßenkaffee beobachtet hatte und ziemlich elegant fand. Man dreht das Kuku einfach auf den Rücken und stellt sich dann mit beiden Füßen auf die Flügel. Dann hat man beide Hände frei um den Kopf und das Messer zu halten. Die Füße des Kukus sind zusammengebunden, so dass man sich auch kaum verletzen kann. Dieses Mal variierten wir die Dodoma-Methode ein wenig, doch dadurch war es leider nur noch halb so elegant.

Nachdem das Kuku ausgeblutet war, wurde es komplett mit heißem Wasser übergossen, damit man die Federn leichter entfernen konnte. In der Tat lösten sich die Federn schon fast von selbst - und in der Tat war das Wasser ziemlich heiß. Meine zarten Europäerfingerchen waren das nicht gewöhnt und so überließ ich das notgedrungen den geübten Tanzanischen Händen.

Als wir grade fertig waren kam auch Mama Moshi vom Markt zurück und so konnten wir das Kuku gemeinsam ausnehmen. In einen Topf kam das, was nicht mit gekocht werden sollte, in einen anderen die kochfertig kleingeschnittenen Stücke. Eigentlich kam hier alles rein, denn auch die Füße und der von den Augen und Schlund befreite Kopf wurden mitgekocht.
Nachdem Shoko so aufgeteilt, fertig im Kochtopf lag, machten wir uns in unsere Küche rüber, wo wir auf dem Gasherd kochen wollten. Zwar wäre es auf dem Dreistein mit Feuerholz schneller gegangen, doch es sollte bald dunkel werden und an der Kochstelle hätte es kein Licht gegeben.

Ein letztes Mal kam Shoko in den Genuss von frischem Gemüse und ging darin voll auf. Zum gemeinsamen Essen kam später die komplette Family von Mama Moshi samt Gästen rüber. Unser großer Küchentisch wurde quer in den Raum gestellt, damit jeder einen Platz bekam. Während wir uns um Shoko und einen Gurkenobstsalat gekümmert hatten, hatte die Cousine von Mama Moshi noch Reis und Spinat gekocht. So gab’s ein richtiges Festmahl und da ich an diesem Tag meinen hoffentlich vorerst letzten Zimmerwechsel vollzogen hatte, gab es sogar einen Anlass der mit Shoko gefeiert werden wollte.


* Einfachheitshalber verwende ich das geschlechtsneutrale tanzanische Wort Kuku für Huhn
** Ja Anam, Dein Messer leistet hier in Tanzania vielfältig gute Dienste!
*** Nicht, dass ich das so detailliert mitbekommen hätte, doch dank des neuen Volontärs gibt es eine Videoaufzeichnung von dem Prozedere, welches ich aus Jugendschutzgründen hier nicht einstelle, doch auf Mailanfrage versuche zu verschicken

Kitimoto

Kennern fließt alleine schon bei diesem Schlagwort das Wasser im Munde zusammen. Doch ich selbst habe etwas länger gebraucht ehe ich mit diesem Worten etwas anfangen konnte. Es findet sich kaum in einem Lexikon – letztlich ist eine Chiffre für Schweinefleisch.

Aus Rücksicht auf die islamischen Mitbewohner eines Dorfes oder eingeheirateten Verwandten isst man in den Dörfern nur sehr selten Schweinefleisch und obwohl es das ideale Fleischtier ist, halten demenstprechend nur relativ wenige Familien ein Schwein.

Das heißt aber nicht, dass die Menschen nicht gerne Schweinefleisch essen. So gibt es z.B. in Moshi Restaurants in denen man „Kiti moto“ essen kann. Für manchen Einheimischen ist es das Highlight eines jeden Moshibesuches - endlich kann man mal ohne schlechtem Gewissen den muslimischen Verwandten gegenüber Schwein essen. Doch auch für Christen hat Kitimoto etwas anrüchiges, ist es doch meistens verbunden mit einer Bar, in der Bier ausgeschenkt wird. Doch was verboten ist, ist ja bekanntlich nur noch reizvoller.

Aus der, von einer kräftigen Mama hingehaltenen, Schüssel mit vorgekochten Fleischstücken sucht man sich selbst ein Stück aus - je nachdem wie viel Schwarte und Knochen man haben möchte. Nachdem man noch die Anzahl der Kochbananen angegeben hat, die mitgebraten werden sollen, setzt man sich mit der ersten Soda an einen Tisch und wartet. Irgendwann kommt die Mama mit einer dampfende Schale angeschritten und setzt die Platte mehr oder weniger liebevoll auf dem Tisch ab. Dazu gibt’s dann noch einen Teller mit frischen Gurken und Pilipili. Das ausgesuchte Fleischstück wurde in mundgerechte Stücke geschnitten und hat sich bei der Kochprozedur elegant mit den Bananen, Tomaten, Kräutern, Zwiebeln und anderen Gewürzen vermischt. Ißt man mit mehreren, so gibt’s dennoch nur eine Platte von der dann alle gemeinsam essen.

Geübte Kitimoto-Esser können den Zeitpunkt des Erscheinens der Mama mit der Platte schon ganz gut abschätzen, so dass man kurz vorher aufsteht und sich an dem obligatorischen Wassereimer mit Hahn die Hände wäscht. Besteck wird man bei diesem traditionellen tanzanischen Essen vergeblich suchen und so macht man sich mit sauberen Pfoten über das Schwein her. Knochen werden lässig abgenagt und dann auf das Wachstischtuch gelegt, Schwarte genussvoll verspeist und mit dem Pilipili versucht man das Fett ein wenig zu überlisten.

Nach so einer Fleischplatte ist man in der Regel unfähig überhaupt noch irgendwas anderes zu machen und so bleiben die meisten noch sitzen und trinken einfach noch ein Bier (oder gut christlich noch eine Soda), ehe der erste Verdauungsschock überwunden ist. Dabei puhlt man mit einem Zahnstocher die letzten Fleisch und Knochenreste aus den Zahnräumen und schaut den anderen beim Essen zu oder wird von einem der Musikvideos in den Bann gezogen.

Ramadan

Hier in Tanzania leben Christen mit Muslimen und anderen Religionen relativ friedlich nebeneinander. Manchmal ist es schon skurril, dass es scheinbar für die Lutheraner weniger Probleme mit den Muslimen als mit Katholiken gibt. Mit meinen Bibelschülern hatte ich im letzten Semester einige Diskussionen, warum Katholiken dies und das machen. Dahingegen war es für sie überhaupt kein Problem, dass Muslime ja auch gute Menschen sein können.

So verwundert es auch nicht, dass der Ramadan hier ziemlich deutlich zu spüren ist. Bereits in meinem Sprachkurs erlebte ich die Umstellung auf diese besondere Fastenzeit mit. So wurden die Essenszeiten extra auf die frühen Morgen- bzw. Abendstunden verlegt. Der Muezzin legte eine extra Gebetszeit ein und mancher der muslimischen Mitarbeiter durfte öfters mal eine Pause machen.

Aber auch in der Gastronomieszene Moshis ist der Ramadan zu spüren. Zunächst dachte ich, dass einem Restaurant am Ende der Doubleroad die Konzession entzogen wurde. Gewundert hätte es mich nicht, da wir dort schon des öfteren einen „Rechenfehler“ in der Rechnung hatten. Doch als auch der famose Strassengrill plötzlich nicht mehr da war, da machte ich mir schon Gedanken.

Glücklicherweise konnte ich beruhigt werden, dass in der nächsten Woche wieder alles beim Alten sein soll. Ich bin gespannt wie schnell sich der Alltag dann in der Gastronomieszene Moshis wieder einstellt.

Beisetzung

Bei meinem ersten Besuch in Tanzania war mir aufgefallen, dass rund um die Kirchen gar keine Friedhöfe sind. Auf die Frage, wo sie denn ihre Verstorbenen begraben, wurden ich etwas perplex angeschaut. „Na, zu Hause!“

Inzwischen sind sie mir schon häufiger aufgefallen, die weißgekachelten Gräber zwischen den Bananen und Kaffeesträucher. Und auch die Sargschreinereien gehören zum Straßenbild dazu.

In der vergangenen Woche ist nach längerer Krankheit der Schwiegervater einer Bibelschulmitarbeiterin verstorben. Die Beisetzung sollte am Samstag bei der Mitarbeiterin zuhause stattfinden. Als wir in die Nähe des Hauses kamen, konnte man die Musik der Lautsprecher schon von weitem hören und auch der Pastor war schon dort.

Eine riesige Menschenmasse hatte sich versammelt und selbst mit gecharterten Dallas kamen die Menschen zu der Trauerfeier. Die meisten trugen ganz normale Sonntagskleidung, d.h. die Frauen bunte Kangas und die Männer die klassischen Anzügen. Die Trauerfarbe schien weiß zu sein. So trugen die Mitglieder der Familie und engere Freunde weiße Tücher.

Eine Menschentraube machte sich auf den Gang um den vor der Haustür aufgebahrten Sarg, um sich von dem Verstorbenen nochmal zu verabschieden. Dafür war auf dem verspiegelten Sarg ein Bild aufgestellt und der obere Teil des Sargs war noch aufgeklappt. Ruhig schlafend lag er dort.

Bevor der eigentliche Gottesdienst anfing positionierten sich die Familienmitglieder noch um den Sarg, um Fotos machen zu lassen. Dieses wurde durch den Moderator kommentiert und ein Kameramann hielt die komplette Feier mit seiner Digitalcamera fest. Danach sollte der Gottesdienst eigentlich beginnen, doch beim Weggehen der Familienmitglieder brachen zwei Töchter vor Trauer zusammen. Während der kompletten Zeremonie schien es mir ein auf und ab der Gefühle zu sein. Lautes, schluchzendes fast schon kreischendes Weinen wurde von gelassener Stimmung und während der Predigt sogar Gelächter abgewechselt. Dazu ertönte anfangs an Jahrmarktsmusik erinnernde Musik aus den Lautsprechern. Während der Zeremonie spielte dann eine Brasskapelle, die eher den Sound von Guggemusik hatte.

Ehe der Gottesdienst begann saß man zwischen den Kaffesträuchern und Bananenstauden verstreut in Grüppchen zusammen und unterhielt sich dezent. Zu Beginn des Gottesdienstes wurde der Lebenslauf tabellarisch verlesen. Als nach der ersten Strophe von „So nimm denn meine Hände“ der Sarg komplett verschlossen wurde, war ein weiterer Momente in dem die Stimmung kippte einige Frauen kreischend weinten.
Während die Liturgie und die Lieder auf Kiswahili waren, wurde die Predigt in einem Gemisch aus Kiswahili und Kichaga gehalten, so dass ich ihr nicht wirklich folgen konnte. Doch scheinbar traf der Pastor den Nerv der Menschen, denn sie amüsierten sich köstlich. Laut Lachend schlugen sie sich auf die Schenkel und tauschten sich über die Predigt aus, während sich der Prediger mehr und mehr in Rage redete – alleine ihm zuzusehen hatte einen hohen Unterhaltungswert (obwohl ich natürlich auch gerne verstanden hätte, worüber so herzlich gelacht wurde).

Nach der Predigt setzte sich die ganze Trauergesellschaft von mehreren hundert Besuchern auf dem Weg zum vorbereiteten Grab. Das war für mich schon ein seltsames Gefühl, bin ich doch bei einer vorherigen Essenseinladung auch durch dieses Feld gegangen, und nun wurde hier der Schwiegervater beigesetzt. Das Grab war in den vorherigen Tagen ausgehoben und von innen schon verkachelt worden. Hier hinein wurde nun der Sarg gestellt. Direkt nach dem Vaterunser wurde das Grab verschlossen.
Dafür mischten einige Männer mit Schaufeln auf dem Boden Zement an und füllten das komplette Grab mit diesem. Gemessen an der Menge, die gebraucht wurde ging das ziemlich fix und so sang man einfach ein paar Lieder und die Brasskapelle spielte noch einige Stücke.

Nachdem das Grab so verschlossen war, zogen wieder unter lautem Weinen Freunde und Familie an dem Grab vorbei und legten Blumen nieder. Wieder brachen einige der Frauen zusammen und wurden weggetragen. Als relativ neutraler Beobachter fiel es mir schwer einzuschätzen wie echt diese Form der Trauer war. Doch merkte ich, wie es auch mir nahe ging die Frauen so leiden zu sehen und meine Gedanken schweiften nach Deutschland. Darum zu wissen, dass es Menschen gibt, von denen ich mich nicht mehr persönlich verabschieden und bei deren Beisetzung ich nicht dabei sein kann wurde mir besonders in diesem Moment wieder einmal bewusst. Dass die Beisetzungsfeier, neben dem Abschied gleichzeitig die christliche Hoffnung auf die Überwindung des Todes durch das Ostergeschehen beinhaltet, wurde in meinen Augen durch das auf und ab der Gefühle deutlich zum Ausdruck gebracht.

Für das Ende der Zeremonie zogen wir wieder zum Haus. Es wurden die verschiedensten Grußworte gesprochen und nachdem unter den drei Söhnen eine Hose, ein Jacket und ein Hemd des Verstorbenen verteilt wurden, kam auch die Trauerfeier zum Abschluss. Zu den drei Söhnen setzte sich noch die Ehefrau schräg neben den Altar und nach dem Segen begannen der Pastor, die Evangelisten und jeder, der auf die Ehrenplätze um den Altar eingeladen worden war den Familienangehörigen zu kondolieren. Ehe dann der nicht abreißen wollende Menschenstrom kondolierte, wurden wir in das Haus des Verstorbenen eingeladen. Wieder einmal schwenkte die Stimmung um. Man unterhielt sich bei der obligatorischen Soda recht ausgelassen, bis das Essen kam. Das Bild des Verstorbenen stand nun im Regal und von dort schaute er auf unsere Teller herab.

Viehherden

Trocken ist es zur Zeit in Tanzania – staubtrocken!

Während meiner letzten Fahrt von Arusha nach Moshi ist mir diese Trockenheit wieder einmal brutal bewusst geworden. Oben in den Bergen vergisst man das leicht, obwohl es auch hier durch den Straßenbau unsagbar staubig ist.

In der Ebene sah man am Horziont zahlreiche Staubfahnen und auf die Frage was das denn sei, antwortete mir mein Nachbar, dass das von den Tansanit-Mienen käme. Um den Kilimanjaro-Flughafen herum wird in zahlreichen Mienen dieser begehrte Edelstein abgebaut. Leider ist Tanzania derzeit noch nicht in der Lage diesen gewinnbringend aufzubereiten und so wird das Roherz vorwiegend nach Südafrika verkauft, wo es unter dem Namen „blauer Diamant“ in den Handel kommt.

Auf der Rücktour von Arusha, sah ich dann zahlreiche Staubwolken, die so ganz anders aussahen. Erst dachte ich, sie kämen von Jeeps, die auf querfeldein fahren würden. Doch dann sah ich, dass jede dieser Staubwolken durch eine Viehherde aufgewirbelt wurde.

Die Massai trieben ihren Viehbestand in die heimatlichen Grals und so ein Treck kann dann tatsächlich eine ganze Masse Staub aufwirbeln und ist von weitem zu sehen. Vorne weg trippeln die Schafe und Ziegen und dahinter folgen dann die teilweise mächtigen Rinder und Esel mit gelben Wasserkanistern. Diese verschwinden aber meist schon in dem von den Kleinvieh aufgewirbelten Staub. Der Massai selbst folgt dahinter und durch den herrschenden Wind kann er mit Glück sogar unter der aufsteigenden Wolke drunter her gehen.

Diese Bild hatte für mich irgendwie biblische Züge. So in etwas muss es gewirkt haben, als sich Abram von Lot trennte und jeder seines Weges zog, als Jakob Esau entgegen trat oder als Josef von seinen Brüdern schon von weitem gesichtet wurde.

Freitag, 3. September 2010

Was die Welt bewegt…

Immer schon wollte ich der Sache nachgehen, ob das Wasser auf der anderen Seite des Äquators tatsächlich andersherum abfließt. Wer schon mal in Deutschland versucht hat, die Fließrichtung eines Strudels abfließenden Wassers zu drehen, der weiß wie aussichtslos ein solches Vorhaben ist.

Bei meinem letzten Wäschewaschen habe ich diesem Forschungsprojekt endlich weiter nachgehen können.Nach meinen Erkenntnissen befinden wir uns hier in solcher Nähe zum Äquator, dass die Fließrichtung nicht genügend ausgeprägt ist. Es gibt dementsprechend tatsächlich drei Abflussrichtungen:

1. Gießt man das Wasser mit Schwung von der linken Seite in das Waschbecken, so bildet sich ein Strudel mit dem Uhrzeigersinn

2. Gießt man das Wasser mit Schwung von der rechten Seite in das Waschbecken, so bildet sich ein Strudel gegen den Uhrzeigersinn

3. Gießt man das Wasser mittig in das Waschbecken, so fließt es nicht so schnell ab. Man stelle sich vor, das Wasser fließt tatsächlich einfach ab, ohne einen ausgeprägten links- oder rechtsdrehenden Strudel zu bilden

Als eindeutiges Ergebnis dieser Studie kann ich festhalten, wie sehr ich mich wieder auf den Luxus einer Waschmaschine in Deutschland freue. Auch wenn ich dann wohl nie erfahren werde, ob die Schleuderrichtung der Wäschetrommel auch die Abflussrichtung des Abwassers in Tanzania beeinflussen würde. Doch dafür, dass ich meine Socken nicht mehr mit der Hand waschen muss, nehme ich selbst das gerne in Kauf.

Maisernte

Inzwischen ist es gewaltig trocken geworden in Tanzania. Der Staub setzt sich immer besonders gerne in der Kleidung fest, aber auch in den hintersten Windungen des Gehörganges und der Nase lagert er sich ab.

Jetzt ist aber auch der Mais reif und vor allem ordentlich durchgetrocknet, so dass er geerntet werden kann. Der junge saftige Mais wird eigentlich das ganze Jahr über als Röstmais an der Straße verkauft. Dann sitzt eine Mama vor ihrem kleinen Kohlegrill am Straßenrand und dreht den lieben langen Tag die Maiskolben, so dass sie rundherum goldbraun – und manchmal auch schwarz werden. Hinter ihr häuft sich im Laufe des Tages ein kleiner Berg an Maisblättern auf, die abends an die Ziegen verfüttert werden. Am Busstand in Himo kommen die Ziegen auf ihrem Heimweg einfach direkt vorbei und futtern die Blätter vor Ort auf – das ist für alle Seiten richtig praktisch.

Überhaupt ist das Maisstroh als Kuhfutter ein begehrtes Nebenprodukt der Maisernte. Das Straßenbild wird derzeit von meterhoch beladenen Pikups geprägt und vor den Häusern türmen sich die Strohmassen. Aber auch der Straßenrand ist übersät mit dem hellen Stroh, was von den Autos herunter geweht wurde. Mais ist einfach jetzt überall.

Vor allem aber natürlich die Maiskolben. Nach der Trockenzeit im letzten Jahr, haben sich die Menschen schon maßlos auf die Ernte gefreut. Und jetzt liegen die Maiskolben entweder ziegensicher auf dem Dach zum nachtrocknen oder sie werden vor dem Haus ausgebreitet. Wenn sie dann ordentlich ausgetrocknet sind, werden die Maiskörner abgepult und zur Maismühle gebracht. Dort wird dann das Maismehl hergestellt aus dem das Ugali gekocht wird. Kann ein junger Mann zwei, drei Röstmaiskolben essen, so schafft er keinen ganzen Maiskolben, wenn daraus Ugali gekocht wurde.

Anders als bei uns ist die Ernte komplette Handarbeit. Auch unsere Bibelschüler sind auf die Shamba gezogen, um den Bibelschulmais zu ernten. Nachdem ein Feld abgeerntet ist, stehen immer noch einige Stängel herum. Durch diese werden dann die Viehherden getrieben, die sich dann an den Resten gütlich tun.

Straßenbau

Ein weiterer Nebeneffekt der anstehenden Wahlen ist, dass der Straßenbau von Marangu nach Mwika mit größtem Eifer wieder aufgenommen wurde. Ursprünglich sollte die Straße im August fertig gestellt werden. Davon ist sie aber noch weit entfernt. Wie beschrieb es Werner so passend: „die hat ja ein Profil wie ein Knäckebrot!“

In der Tat ist es eher noch eine Piste und besonders jetzt, wo es seit Tagen nicht mehr geregnet hat, ist es die reinste Staubschleuder. Bei meinen morgendlichen Joggingrunden kann man schon alleine an den Bananenstauden ablesen, wie nah man der Straße wieder ist. Alles ist von einer hellen Staubschicht überzogen und die Farben der Kleidung sind nach einer Dallafahrt ziemlich homogen rotgraumeliert.

Mit schweren Baufahrzeugen werden ganze Berge abgetragen und Täler aufgefüllt, so dass ein relativ einheitlicher Straßenverlauf geschaffen wird. Mit roten Kreuzen wurden die Häuser markiert, die dem Straßenbau weichen müssen. Tag für Tag verschwinden immer mehr von diesen Häuschen. Große Durchflussrohre für die Bäche und Flüsse der Regenzeit werden in die Straßendecke eingebaut und damit das ursprüngliche Bachbett verändert. Der Eingriff in die Natur und Landschaft ist schon massiv, doch die Straße ist gleichzeitig infrastrukturell bspw. für mögliche Krankentransporte auch ein Gewinn.

Vorallem aber ist dieser Straßenbau ein Politikum. Es soll gezeigt werden, was der jetzige Präsident alles bewegen kann. Doch glücklicherweise sind die meisten Tanzanier kritisch genug, als dass sie dieses auch durchschauen und als Wahlpropaganda auffassen. Ziemlich pragmatisch geht man nicht davon aus, dass die Straße noch in diesem Jahr fertig gestellt werden würde. Was sollte denn sonst im nächsten Wahlkampf in fünf Jahren passieren?

Ja, auch hier bin ich gespannt was ich in den kommenden vier Monaten noch erleben werde. Mit Sorgen blicke ich auf das Fahrverhalten der Tanzanier. Die plane Piste wird zu halsbrecherischen Fahrmanövern genutzt. Ungeachtet der Tatsache, dass es neben der Piste steil bergab geht und man in den Staubwolken des Vordermannes nicht sehen kann ob und wer einem entgegen kommt. Ich kann nur hoffen, dass in die endgültige Straße doch wieder die viel gehassten Bumps eingebaut werden. Diese zwingen die Fahrer abzubremsen, will man sich nicht Ölwanne und Aufhängung ziemlich fix ruinieren.

Wahlkampf

Im nächsten Monat finden die Präsidentschaftswahlen statt und vor drei Wochen wurde der Wahlkampf eröffnet. Die meisten Tanzanier rechnen damit dass der jetzige Präsident wieder gewählt wird, doch ist man sehr darum bemüht eine möglichst starke Opposition zu bekommen. In de Sonntagspredigten werden die Menschen dazu aufgerufen verantwortungsbewusst wählen zu gehen. Ohne eine bestimmte Partei zu nennen, nutzt die Kirche hier ihr aufklärerisch-pädagogischen Potenzial, was ihr von der Gesellschaft zugeschrieben wird.

Aus den Gesprächen mit politisch aufgeweckten und interessierten Tanzaniern habe ich als größte Sorge herausgehört, dass weiterhin korrupte Politiker die Entwicklung des Landes hemmen. Die Sorge ist, dass weiterhin einige wenige ihre politische Position ausnutzen, um eigene Interessen zu vertreten und in die eigene oder Freundes Tasche wirtschaften. Das Problem von neuen Parteien oder neuen Köpfen ist, dass man nicht weiß, ob sie denn soviel besser sind. Da nimmt man lieber das bekannte Übel in Kauf und hofft darauf, dass eine starke Opposition ein Korrektiv bildet. Nur wer wählt dann die Opposition?

Bisher habe ich vom Wahlkampf verschieden Facetten mitbekommen. Einerseits werden natürlich Plakate aufgehängt, die den Kopf des jetzigen Präsidenten zeigen. Es zählen Bilder und Personen!

Andererseits sieht man jetzt vermehrt Fahnen und Farben der größeren Parteien. Teilweise brausen Pikipiki-Konvois laut hupend und fahnenschwänkend durch die Stadt. Dabei sind die Fahrer primär junge Menschen, die das als großen Spass ansehen, inwieweit sie hinter den politischen Zielen stehen, kann ich nicht beurteilen. Aber der Sprit wird ihnen vom Präsidenten wohl bezahlt und so läßt man die Gelegenheit doch nicht aus. Es zählt das Erleben!

Andererseits fahren Pikups durch die Dörfer mit riesigen Lautsprechern auf dem Deck, die ihre Musik weit in die Bananenhaine hinein schallen lassen.
Dabei werden bei den Versprechen auf Schlagworte wie billiges Benzin, ausreichend Essen, Schulbildung und mehr Geld für alle gesetzt.
Wie diese Versprechen nach der Wahl umgesetzt werden sollen wird auf jeden Fall spannend sein ;-)