Freitag, 25. Februar 2011

Eine wahre Zigarette – true grit

... naja, oder eben „echter Sand“.
Wie man diesen Filmtitel auch übersetzen mag, es wird wohl in jedem Falle irgendwie für die Neuverfilmung des Westerns „The Marshall“ mit ehemals John Wayne in der Hauptrolle passen.

Gestern hatte der Film "True Grit" in den deutschen Kinos Prämiere und für mich war es meine posttansanische Kinokarriere. Als ich da so im Kino saß und die Werbung auf mich einprasselte musste ich schon ein wenig schmunzeln. Einen Monat bin ich nun schon wieder zurück und immer häufiger ertappe ich mich dabei, wie ich in Gedanken doch nach Tansania abschweife. Gestern hing ich in Gedanken wieder mal in Malambo, wo ich ja eigentlich nur eine Woche gewesen bin. Dort, mitten in der Massaisteppe habe ich einen meiner wenigen DVD-Filme gesehen und dabei haben wir ein wenig rumgefeixt, wie es wohl werden würde wieder in Deutschland im Kino zu sitzen.

Ja, und in der Tat dieser Western brachte zahlreiche Parallelen zu meinen Erinnerungen an Tanzania. Vielleicht gab es in Tanzania dann doch ein paar Leichen und Morde weniger als im Film und auch die Schlangen die ich gesehen hatte waren nicht zu vergleichen mit den Prachtexemplaren. Doch mit den selbstbewussten tansanischen Frauen der jüngeren Generation, den Straßenverhältnissen und Teilen der Vegetation sowie der atemberaubenden Landschaft passt der Vergleich. Gut, den Schnee hatten wir nur in sicherer Entfernung auf dem Kilimanjaro – aber da wurde ich ja in Deutschland mittlerweile gut versorgt.

Fehlten für den gelungenen Vergleich natürlich noch die Elefanten und Giraffen in der Kulisse, auch die Zebras und Gnus müsste man sich als Zuschauer hinzudenken, aber das könnt ihr ja einfach mal ausprobieren, wenn ihr Euch diesen durchaus humorvollen Film ansehen werdet. Wenn es nun zu einem Remake der John Wayne Filme kommt und mit dieser Ergänzung der Tierwelt liegt natürlich die Frage auf der Hand:
Wann wird der Klassiker Hatari! neu verfilmt?

Samstag, 12. Februar 2011

Deutschland, ein schwarzer Kontinent

Das kann keine politisch korrekte Aussage sein - soll es ja auch nicht, sondern bezieht sich einfach nur mal auf das modische Erscheinungsbild der Menschen hier in Hamburg.

Sicherlich ist mein Blick noch geprägt von dem Kleidungsstil der Tanzanier. In manchen Farbkombinationen sind sie einfach mal ein wenig schmerzbefreiter als wir. Wenn ich mich morgens auf den Weg zum NMZ mache, komme ich mir mit meiner blauen Jeans und meiner blauen Daunenjacke schon wie ein ziemlich bunter Vogel vor.

Das ist mir vor meiner Abreise tatsächlich nicht so aufgefallen. Oder hat sich nach dem weißen Winter die Modefarbe als Pendant dazu entwickelt? Unumwunden muss ich eingestehen, dass das Schwarz natürlich unverfänglich neutral ist und eigentlich stets recht elegant ausschaut. Aber gleichzeitig muss ich innerlich auch ein wenig lächeln. Die Tanzanier sahen in ihren, sagen wir mal, farblich recht frei zusammengestellten Klamotten auch ziemlich elegant aus.
Mit welcher Überzeugung haben sie die noch so schrägsten Klamotten getragen und haben darin Eleganz bewiesen?

Ich glaub ich werde mir nun auch mal einen Grundstock schwarzer Kleidung kaufen und dann ausprobieren was das mit mir macht. Vielleicht liegt der Schlüssel zum Verständnis ja dann gar nicht in dem Tragekomfort an sich, sondern hat tatsächlich einen termophysikalischen Grund. Bei den eisigen Temperaturen versucht man wohl so viele Sonnenstrahlen wie irgend möglich zu erhaschen. Und schwarz absorbiert ja bekanntlich jeglicher Strahlung. Das würde mir dann auch einleuchten und meine Vorfreude auf wärmeres Wetter steigt mit dieser Erkenntnis noch ein Stückchen mehr.

Freitag, 4. Februar 2011

…und nun?

Tja, und nun bin ich wieder in Deutschland und bin überrascht wie normal das eigentlich ist.

Mit dem Flieger bin ich planmäßig in Hamburg gelandet und habe mich dann mit der Bahn auf den Weg nach Kiel gemacht, wo ich mich mit zwei Freunden zum Döner-Essen verabredet hatte. Nach dem ersten Kälteschock (nachts 27°C in Dar es Salaam – morgens -7°C in Amsterdam) und dem ersten Farbschock (heieiei, die Menschen sind so blass hier und tragen ja kaum Farben, dazu noch der Nebel und nun der Schnee – also wirklich mal) habe ich in Kiel das Gefühl gehabt kaum weggewesen zu sein. Es war alles so vertraut und Afrika war plötzlich weit weg. Dann aber mein Patenkind, die neuen Häuser und Erdenbürger zu sehen und mitzubekommen, dass sich in der Politik doch so einiges verändert hat – das zeigt mir dass ich tatsächlich neun Monate irgendwie raus war.

Nach einer Woche auspacken und ankommen in Brunsholm, bin ich nun kurzfristig in „Jerusalem“ untergekommen, einem Zimmer im Gästehaus des Nordelbischen Missionszentrums in Hamburg. Dort werde ich in den nächsten drei Monaten mein Anschlusspraktikum im Afrikareferat machen. Mein erster „Bürojob“ hat ziemlich vielversprechend angefangen und ich freue mich jetzt auf die Möglichkeit das Erlebte sacken zu lassen, aber auch meine Erfahrungen aus Tanzania mit dem Leben hier in Verbindung zu bringen.

„Schreibst’n Du Deinen Blogg jetzt in Deutschland weiter?“
Jetzt wo ich die „letzten Einträge“ schreibe, merke ich schon wie sehr ich es genossen habe von dem einem oder anderen zu berichten. Tatsächlich kommt mir manches hier in Deutschland komisch vor. Beispielsweise hatten wir vor 10 Jahren an meiner Zivistelle Schlüssel, die sahen aus wie blaue Schnuller. „E-Schlüssel“ wurden die damals genannt, Elektronische-Schlüssel und waren was ganz besonderes. Natürlich hat sich die Technologie weiter entwickelt und heute habe ich einen Schlüssel mit einem Smiley an meinem Schlüsselbund, der fängt an zu grinsen, wenn ich die Tür aufschließen kann.

Na, was dazu die Tanzanier sagen werden, wenn sie das im Frühjahr sehen werden…? Ich bin gespannt ;-)

Ein Einblick in die HipHop-Szene Tanzanias

Mancher wird sich wundern auf welchen Musikgeschmack ich gekommen bin – vielleicht ich selbst noch am meisten. Freilich bin ich ein großer Freund der Vokalmusik, doch habe ich den HipHop bisher nicht dazu gezählt. Auf meiner Reise nach Matema haben wir kurz vor der Grenze Malawis einen Zwischenstopp einlegen müssen, da wir von dort keinen Bus mehr weiter an den Nyasasee bekommen haben. Meine Reisebegleitung kannte da jemanden in Kyela, nen guten Freund und richtig guten Mann. Zwei kurze Telefonate und wir hatten für den Abend nicht nur eine Einladung zum Abendbrot, sondern auch eine Übernachtungs- und Frühstücksgelegenheit.

Gesagt getan trafen wir uns „neben der Polizeistation gegenüber von der Tankstelle“ mit "Salu T", dem HipHop-Master Tanzanias schlechthin. So zumindest die Beschreibung, die mich weniger fasziniert hatte als später die handtellergroße Spinne, die sich neben mir am Bambus abseilte und in der Nacht verschwand.

Bei der obligatorischen Soda wurde ich ein wenig in die HipHop-Szene eingeführt. Vorallem wurde ich darüber aufgeklärt, welche Probleme junge Musiker in Tanzania haben und welche Hürden sie nehmen müssen, ehe ihre Musik endlich mal im Radio gesendet wird. Das kann nämlich ziemlich teuer werden. Einerseits muss man die richtigen Menschen kennen – und so eine Handynummer kann schon was kosten. Dann muss man sich aber noch die Möglichkeit erkaufen, dass der eigene Song ein Monat gesendet wird. Nur so kann man darauf hoffen, dass man mal zu einem Event eingeladen wird und allmählich populär wird. Aber selbst dann kann man von der Musik alleine nicht leben. Ich kenn mich ja in der „Szene“ Deutschlands auch nicht so aus, aber spontan würde ich sagen, dass zumindest letzteres ähnlich ist.

Außerdem erfuhr ich, dass der HipHop Tanzanias sich versucht ein Zentrum in Mbeya aufzubauen. Normalerweise orientiert sich musikalisch alles nach Dar es Salaam. Dagegen wollen sie nun einen Gegenpol bilden und auf diese ziemlich lebendige und schnellwüchsige Stadt im Süden Tanzanias setzen. Da der Weg übers Radio schwierig ist suchen sie sich andere Möglichkeiten. Hierbei bietet Ihnen das Internet die beste Plattform. Da können sie kostenlos ihre Musik einstellen. Vor allem können Sie aber bei youtube auch ihre Videos posten und so die Message der Musik mit Bildern aus ihrer Lebenswirklichkeit verbinden.

Bevor wir schließlich zu Abend aßen bekam ich eine kleine Kostprobe der Videos vorgespielt (bspw.: Hali ya hatari oder Uzoefu). Zwar bleibe ich ein Freund der klassischen Vokalmusik und denke, dass man mit internationalen Chorprojekten und -austauschen auch vieles bewegen kann. Allerdings hat mich die Arbeit und besonders das Feuer mit dem die beiden von den Möglichkeiten des Hiphops berichteten fasziniert. Sicherlich - sie sind sich bewusst, dass sie mit der Musik alleine keine Probleme lösen werden. Doch indem sie mit der Musik der Straße die Themen des Alltags in ein anderes Medium bringen, schaffen sie Distanz und gleichzeitig eine ganz neue Öffentlichkeit und damit auch ein Bewusstsein dafür, dass man vielleicht nicht alles als unwandelbar hinnimmt. Nicht durch lethargisches Klagen, sondern durch die Musik.


Ein ganzer Monat ohne Einträge…

Das heißt aber nicht, dass nichts berichtenswertes passiert wäre. Im Gegenteil liegt es wohl vielmehr daran, dass ich es einfach nicht geschafft habe einen kleinen Beitrag zu verfassen. Sicherlich hat sich im Laufe der Zeit ein Alltag eingestellt, der mir dann ziemlich unspektakulär vorkam. Und sicherlich gab es durch die vermehrten und langanhaltenden Stromausfälle auch technische Hindernisse. Bei bis zu 13-stündigen Stromausfällen macht selbst der beste Laptop- oder Handyakku schlapp und der für den bibelschuleigenen Stromgenerator wurde das Mafuta, der Treibstoff, auch rationiert.

So klafft nun am Ende meiner Zeit in Tanzania eine Lücke in diesem Blogg.
Vielleicht steht sie sinnbildlich dafür, dass dieser Blogg tatsächlich nur einen kleinen und damit natürlich unvollständigen Einblick in meine Erlebnisse geben konnte. Es beschleicht mich schon jetzt ein wenig Wehmut, wenn ich bedenke was ich alles gar nicht in Worte fassen konnte und was so in Vergessenheit zu geraten droht. Beispielsweise tauchen die mitreißenden Chorproben mit Agnes nur am Rande auf und der Besuch von Lena mit dem traumhaften Zanzibar-Wochenende und der Delfinbegegnung habe ich gar nicht erwähnt.

Ebenso habe ich hier nicht über den Weihnachtsbesuch meiner Eltern berichtet, obwohl es einige Bytes zu berichten gäbe. Angefangen mit dem Weihnachtsessen beim Bischof, der Safari in den Tarangire-Nationalpark und den verschiedensten Spaziergänge durch Bananenhaine, Kaffeplantagen, und Bergschluchten zu Wasserfällen und Berggipfeln. Nicht zu schweigen von den zahlreichen Busfahrten und ganz unterschiedlichen Stadtbesichtigungen und natürlich von dem herzlichen Empfang meiner Eltern durch das Kollegium an der Bibelschule. Aber letztlich auch der ganz normale Alltag in Mwika und die Fahrt wieder vom Berg runter mit Sack und Pack im Dalla-Dalla. Schließlich musste ich für das Gepäck doch mehr bezahlen als für meine Mutter, und das obwohl sie keine afrikanische Mama ist – dabei habe ich so verhandelt...

Auch über meine letzte Woche in Tanzania habe ich nichts geschrieben, obwohl ich noch einmal das Gesamtpaket Afrika geliefert bekam. Mit all den spektakulären Begebenheiten wie Busfahrten auf denen man Elefanten, Giraffen und Büffel am Straßenrand beobachten kann, von der Polizei angehalten wird und später einen ganz besonderen Umweg nehmen durfte. Traumhafte Landschaften die ich so nicht auf Bildern festhalten konnte, aber hoffentlich in meinem inneren Fotoalbum abgespeichert habe. Wunderbare Gespräche mit „altbekannten“ und auch „neuen Tanzaniabekanntschaften“, die mir in vielen Dingen geholfen haben das Land und seine Menschen, aber auch D’land und seine Menschen zu verstehen und vielleicht mal aus einem anderen Blickwinkel sehen zu können.

Und wie ich über die letzten Tage in Tanzania schreiben sollte… ich weiß es nicht. Scheinbar ist es ähnlich wie mit den Spuren im Sand. Gerade dann wenn es besonders viel oder wichtiges zu schreiben gäbe, dann liest man nichts. Andersherum kann man wohl auch nicht den Schluss ziehen, dass ich nichts zu tun gewusst hätte, wenn es einiges zu lesen gab.
Ob das mit Rundbriefen anders geworden wäre… ich weiß es nicht.

Wenn ich meinen ersten Eintrag lese, dann kommt es dem ziemlich nahe, wie es gedacht war. Ich wollte ein Medium schaffen mit dem ich relativ unverbindlich und doch persönlich einen Einblick in mein Leben in Tanzania geben konnte. Das kann natürlich kein Telefonat oder persönliches Gespräch ersetzen. So freue ich mich schon auf so manches Käffchen oder ´nen Teeplausch um vielleicht die ein oder andere Begebenheit nachzuerzählen, aber auch um auf den neuesten Stand hier in Deutschland gebracht zu werden.

Dass mein Blog in diesen neun Monaten deutlich mehr als 3500 Aufrufe verzeichnet und tatsächlich von Servern rund um den Globus aufgerufen wurde hat mich doch überwältigt. Sicherlich hat sich auch so mancher über eine etwas aparte Googlesuche hierher verirrt. Doch letztlich habe ich mich über jeden Besucher gefreut und vor allem über die positiven Rückmeldungen. Deswegen möchte ich mich nun auch bei Euch bedanken, dass ihr auf diesem Wege an meinem Leben in Tanzania teilgenommen habt.

Montag, 20. Dezember 2010

… bei den Hirten auf dem Felde…

In meiner kindlichen Weihnachtsvorstellung sind die Hirten auf dem Felde stets Männer gewesen, die sich in einer Schneelandschaft inmitten ihrer Schafherde an einem Feuer gewärmt haben, als der Engel zu Ihnen kam.

Schon oft ist mir hier in Tanzania bewusst geworden, wie dicht die Lebenswirklichkeit der Menschen an den Geschichten der Bibel dran ist. Und so ging es mir auch in der vergangenen Woche als ich mit Angelika Wohlenberg in der Massaisteppe war.

Die Woche war voller Erlebnisse und Eindrücke ganz unterschiedlicher Art. Alleine schon die Fahrt durch das Schutzgebiet des Ngorongoro-Kraters war ein Erlebnis für sich. Von den verschiedensten Grosswildarten Tanzanias wurden wir empfangen und die Steppe begrüßte uns in einem zarten Grün, da es in der vorhergehenden Woche ordentlich geregnet hatte. So war die Fahrt weniger staubig als befürchtet. Bis zum Ende der Woche hatten sich die Pistenverhältnisse jedoch radikal verändert, dafür blühten dafür die „Lilien auf dem Felde“.

Auf den Fahrten zu den Klinikeinsätzen wurden die Zebras, Gazellen und Strausse schon fast zum alltäglichen Bild. Doch nur fast, denn der Faszination über einem Akazienbaum plötzlich den Kopf einer Giraffe zu erblicken und darunter ihr kleines Kalb zu sehen kann man sich wohl kaum entziehen. Auch die Ebene mit den hunderten von Gnus und Zebras mit ihren frischgeborenen Fohlen zu sehen, dazwischen die Viehherden der Massai durchziehen zu sehen… - das war wiedermal ein ganz anderes Tanzania als in der fruchtbaren, reichbevölkerten Kilimanjaro-Region.

Ganz besonders waren für mich die verschiedensten Begegnungen mit den Massais bei den Klinikhalten im Schatten von einzelnen Bäumen oder bei Besuchen in ihren Bomas. Stets gab es dann den obligatorischen Chai, der hier noch ein wenig geräucherterer war, als sonst bei uns an der Bibelschule. Gewöhnlich ist er stark gesüsst – umso überraschter waren wir, als wir bei einem Stopp deftigen Tee bekam, der statt mit Zucker mit Salz verfeinert war. Der erinnerte dann doch mehr an Räucheraal-Tee als an Chai.

…die hüteten des Nachts ihre Herden…


An unserem letzten Abend waren wir in das Boma der Großmutter einer Schülerin der Schule in Malambo eingeladen. Wir hatten uns ein wenig verspätet und so saßen wir noch in der Lehmhütte, als die ersten Ziegenherden zurück kamen. Den Tag über sind sie mit einem „Hirten“ in der Steppe oder in den Bergen unterwegs und gegen Abend kommen sie dann wieder zurück um die Nacht im Gral zu verbringen.

Hier lernte ich nun, dass es keineswegs nur die Männer oder kleinen Jungs sind, die die Ziegenherden hüten, sondern dass das mittlerweile auch zur Arbeit der Mädchen geworden ist. Als das Glockengescheppere dichter kam und die ersten Herden das Boma erreichten gingen wir der Schwester der Schülerin entgegen. Es war ein faszinierendes Bild, von allen Seiten die Staubwolken heranziehen zu sehen. Zwischen den lustig blöckend und meckerden Herden zogen auch eine ganze Reihe Esel mit, die teilweise gelbe Wasserkanister trugen.

Gemeinsam kehrten wir zum Boma zurück. Inzwischen waren schon die meisten Grals mit Ziegen gefüllt und auch „unser“ Gral füllte sich allmählich mit der Herde. Einige vorwitzige Zicklein schlüpften noch durch die Zwischenräume der Äste, wurden aber bald von ihren Müttern zurückgerufen. Es kehrte keine Ruhe in Sinne von Stille ein – vielmehr lag über allem ein Klangteppich aus Ziegengemeckere, Eselsgeschrei und Glockengescheppere – doch es kehrte eine ganz eigene Ruhe und Beschaulichkeit ein.

…lasset uns nun gehen…


Mit Dornengestrüpp werden die Bomas in der Nacht verschlossen. Und ehe das Boma verschlossen wurde, machten wir uns auch auf den Rückweg nach Malambo.
Ob die Hirten damals ihre Herden auch so gesichert zurückgelassen hatten – oder ob das Szenario doch ganz anders gewesen sein wird? In meiner Vorstellungswelt hat das Weihnachtsszenario eine weitere Facette bekommen. Ich weiß nicht, ob dieses Bild sich beim Hören der Weihnachtsgeschichte in meine Gedanken einmischt, oder sich beim Singen des Weihnachtsoratoriums Schafherden durch meine Gedanken galoppieren.
Zumindest in diesem Jahr werde ich so eingestimmt die Weihnachtsgeschichte hören und ein Stückweit in Gedanken bei den Hirten auf dem Felde sein.

Wie die Frauen am Ostermorgen am Grab, so erscheinen auch die Hirten manchmal nur in der Nebenrolle. Und dennoch sind sie es, die als erstes das neue Ereignis sehen. Der Weihnachtsengel ruft ihnen als allererstes zu: Fürchtet Euch nicht! Usiogope!
Und sie machten sich ohne Furcht auf, und vertrauten auf das, was ihnen verkündigt wurde.

Weihnachten steht, egal ob in Tanzania oder in Deutschland, zu Beginn des Kirchenjahres - doch am Ende des Jahres. Ähnlich wie die Hirten auf dem Felde machen wir uns auf und lassen gleichzeitig etwas zurück.
Dabei um einen Gral, um ein schützendes Boma zu wissen, welches unser Glaube ist, und auf die Weihnachtsbotschaft des Engels zu hören, dass prägt in diesem Jahr mein Bild von „den Hirten auf dem Felde“.

Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volke wiederfahren wird!“ [Lk 2,10]

In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Unterricht und (k)ein Ende…

Noch über einen Monat werde ich hier in Tanzania sein, doch habe ich manche der Studierenden heute das letzte Mal unterrichtet. Für einen Teil der Bibelschüler beginnen heute die Ferien. Eigentlich sollte der Unterricht noch bis zum Freitag gehen, aber ein (wiedermal scheinbar spontan auftretender) Feiertag veranlasste heute den Principal während des Chais zu sagen, dass einige Kurse bereits ab 11.30h (also direkt in Anschluss an den Chai) enden.
Mein herrlicher Plan die Genesisvorlesung mit dem Turmbau zu Babel und der (für mich so passend erscheinenden) Sprachverwirrung zu beenden, woran ich anschließend jeden der Schüler auf seiner Tribesprache „Frohe Weihnachten“ wünschen lassen wollte ging nun leider nicht mehr auf.

Im nächsten Jahr lasse ich vor meiner Abreise noch in allen Kursen die Examina schreiben und hoffe, dass ich sie vor meiner Abreise korrigiert bekomme.

Besonders in den letzten Wochen hat mir die stete Ungewissheit, ob ein Unterricht nun stattfindet oder wieder zugunsten irgendwelcher Aufräum, Heckenschneid oder sonstiger Arbeiten bzw. spontan verkündeter Feiertage entfällt, ziemlich zugesetzt. Hätte ich solche Ausfälle vorher gewusst hätte ich die Stunden nicht vorbereitet, doch so habe ich manche vorbereitete Stunde 2 Wochen vor mir her geschoben, ehe ich sie halten konnte. Bei insgesamt 14 Wochenstunden kam da so manches zusammen und wirklich besser wurde der Unterricht nicht davon.
Nachdem wir in der vergangenen Woche die beiden Jesajaberufungen in herzallerliebsten Bibliodramen erfahrbar gemacht haben und eine emotionale Diskussion über die Frage geführt haben, warum denn Jesus in Kana denn ausgerechnet Wein hatte machen müssen.

Erst später verstand ich, dass es wiedermal keine theologische, sondern eine Alltagspraktische Frage war. In der lutherischen Kirche Tanzanias besteht striktes Alkoholverbot und warum Jesus dann ausgerechnet Unmengen von Wein produzieren musste ist dann nur allzu berechtigt.
Die Frage, wann man denn in Deutschland heiraten kann, war in einer Stunde auch weniger nach dem Zeitpunkt sondern nach dem Verwandtschaftsgrad orientiert. So gibt es in den unterschiedlichen Tribes unterschiedliche Regeln. Bei kleineren Tribes gilt beispielsweise die Regel, dass man heiraten kann, wenn der Großvater unterschiedlich ist. In der Folge der Diskussion entsponn sich hieran jedoch die Frage, wann man denn heiraten müsse. Dass man schon mal probeweise zusammenzieht ist in Tanzania absolut nicht üblich. Doch in der Klasse gab es da ganz unterschiedliche und „ketzerische“ Meinungen.

Nach einer ganzen Reihe von Unterrichtsfrust konnten mich solche Stunden mit weniger erquicklichen Unterrichtssituationen etwas versöhnen. Sehr herzlich verabschiedeten sich die Schüler von mir, ehe sie sich zum teil schon heute auf ihre bis zu drei Tage dauernden Heimreise zu ihren Familien begaben.