Montag, 21. Juni 2010

Chorausflug nach Shokony (20.06.2010)

Seit heute bin ich stolzer Besitzer eines Huhnes! Aber der Reihe nach…

Heute gings mit dem Kwaya ya Theologia für zwei Gottesdienste in die Nachbargemeinde nach Shokony. Um 6.15h sollte es losgehen, da der erste Gottesdienst bereits um 7h (!) begann und man bestimmt ne halbe Stunde laufen würde.

Kurz gesagt, wir kamen um 6.30h los und waren um 7.30h dort. Auf dem Weg ging es quer durch die Bananen- und Kaffehaine, vorbei an Lehmhäusern, vor denen die Hühner pickten und vereinzelt schon ein paar Leute aktive waren. Auf dem Weg wurde uns berichtet, dass hier vor einigen Tagen Elefanten gesichtet wurden, die aus Kenia rüber gemacht hatten.

Etwas schmunzeln mußte ich schon, als ich bemerkte, wie die Schüler neben mir sich im Kichagga (der hiesigen Stammessprache) übten und versuchten die Vorbeikommenden zu grüßen. Insgesamt gibt es in Tanzania über 120 verschieden Stämme, von denen jeder seine eigene Sprache hat. Gerade die Chagga unterteilen sich selbst nochmal in drei eigene Tribes, die auch je eine eigene Sprache pflegen. Die Schüler der Bibelschule kommen aus allen Teilen Tanzanias und so sprechen sie alle auch ihre eigene Sprache – das Kiswahili ist erst seit J.Nyere zur Lingufranca geworden.
So waren denn auch die Liturgie und die Lieder des Gottesdienstes auf Kichagga, doch immerhin war die Predigt „allgemeinverständlich“ auf Kiswahili.

Vor der Predigt wurde der nun endlich anwesende Chor begrüßt und ich war wieder einmal überrascht, wie viel ich verstand. Letztlich sollte sich jeder kurz der Gemeinde vorstellen. Meine Schüler waren etwas besorgt, ob ich es wohl hinbekommen würde und boten mir eine Translation an. Umso mehr gratulierten sie mir im Nachhinein und freuten sich sichtlich mit mir – wofür braucht der Teacher denn noch’n Sprachkurs?

Zwischen den beiden Gottesdiensten gab es den obligatorischen, exorbitant süßen Chai mit Chappati und frittierten Bananen. Welch Genuss war es sich an der warmen Teetasse wenigstens die Hände wärmen zu können und dabei die fettigen, frisch frittierten Bananen zu essen. Zwischenzeitlich hatte es begonnen zu Regnen und wir rückten ein wenig von den offenen Fenstern ab. Waren aber froh, dass das Dach dicht war und wir nicht raus mußten. Jeder der rein kam stapfte ein-zwei Zentimeter größer auf seinen Schlammabsätzen erst mal zum Schuhabtreter.

Im zweiten Gottesdienst sang der einheimisch Chor unter der Leitung meines Musikkollegens mit unserem Chor im Wechsel und die Bibelschüler hatten ein Anspiel über die Konkurrenz von Witchman und Kirche vorbereitet. Während des Gottesdienstes wurden wir wieder vorgestellt. Diesmal wurde ich als Lehrer nach vorne gerufen und besonders begrüßt. Anscheinend hatte mein Kollege dem Pastor gesteckt, dass ich in Kiel in der Partnergemeinde von Shokony gelebt habe und so wurde mir direkt der Partnerschaftsbeauftragte vorgestellt. Auch die beiden Volontärinnen wurden extra begrüßt und hervorgehoben, dass durch die Bibelschüler ja ganz Tanzania vertreten sei. Gott ist ein Gott aller Völker und gemeinsam können wir ihm die Ehre geben und seinen Gottesdienst feiern. Wieder einmal merkte ich, welch hohen Stellenwert in Tanzania Gäste haben!

Bei der anschließenden Versteigerung der Naturalspenden wurde mir dann von den beiden Voluntärinnen ein Huhn ersteigert. Das arme Tier war den ganzen Gottesdienst über mit gebundenen Beinen in einer Plastiktüte verstaut gewesen. Der Kopf schaute natürlich heraus, und durch die Tüte hielt es auch wunderbar still. Das änderte sich dann, als es nach der Auktion (für 4.000,- TSh ~2,50€) mir überreicht wurde. Etwas hilflos stand ich nun mit dem flatternden Federvieh dar, und war recht dankbar, dass es mir von einem meiner Schüler fachmännisch abgenommen und wieder in der Tüte verstaut wurde. Sicherlich war es eines meiner Vorhaben in Tanzania eine Ziege und Hühner zu halten, aber dass sich das nun so plötzlich realisierte überraschte mich dann doch ein wenig.

Mein Schüler versprach es erst mal sicher zu verwahren und so ging ich relativ beruhigt zum Essen und zum Chorbeisammensein. Als wir uns am späten Nachmittag auf den Heimweg machen wollten griff er neben seine Bank, holte die Tüte mit dem verstauten Tier hervor und gab sie einer anderen Schülerin, die es in ihre Tasche steckte. Ein wenig gackerte das Huhn dabei, beruhigte sich aber recht bald und schaute etwas bedröppelt aus der H&M-Tüte. Ja, ganz sicherlich geht man hier mit Tieren anders um und vieles erscheint einem sehr fremd. Gerade nach deutschen Maßstäben kann man in vielen Dingen nicht gehen. Bei dem Huhn wäre sicherlich bald zu Recht der Tierschutzbund auf den Plan getreten. Und auch unsere heutige Heimfahrt über die ungeteerte Buckelpiste bergauf, auf der Ladefläche eines Bananenlasters wäre in Deutschland undenkbar. Unsere Bibelschüler ließen sich den Spaß auch nicht durch die kurzfristige Reparatur eines nicht ganz festen Hinterrades verderben auf das uns ein anderer überholender Laster aufmerksam gemacht hatte. Immerhin wurde ja vor und nach Safari gebetet!

In Mwika angekommen wurde das ersteigerte Zuckerrohr verteilt und zur Zahnpflege direkt verwendet. Ich machte mich mit meinem Huhn unterm Arm auf den Weg zu meinem Zimmer. Auf der Fahrt hatte die Henne den Namen Shoko bekommen, weil es ja aus Shokony stammt und zudem noch braun ist. Welche Eier es legen wird bleibt abzuwarten. Um es nicht in meinem frisch errichteten Bad unterzubringen, bin ich direkt weiter zu meinen Nachbarn gegangen. Die beiden Jungs staunten nicht schlecht, als ich mit der kleinen Henne ankam. Da man nie so recht weiß welche Krankheiten so ein Tier mitbringt ist es dort erst einmal in Quarantäne gekommen. Wenn ich es „bräuchte“ könne ich mich jeder Zeit melden.
Mit Blick auf den gutgefüllten Hühnerstall wurde direkt hinterher geschoben, dass mir Mama Moshi sicherlich gern beim Schlachten behilflich sein würde, die mache das häufiger ;-)

Handys

Es könnte die Szene aus einem Werbefilm sein:

Ein Massai in seiner bunten Kriegerkleidung aus karrierten Tüchern und farbenfrohen Perlen, steht auf seinem Stock gestützt und plötzlich ertönt die NOKIA- Melodie, darauf greift er in eines seiner Tücher, holt das modernste Handy heraus und tauscht die neusten Neuigkeiten mit seinem Nachbarn aus.

Genauso kann sich aber auch die Szene in Moshi am Dallastand abspielen. Nur dass sie dort gar nicht auffallen würde, da sie nichts Besonderes ist. Ebenso, wie dass regelmäßige Klingeln der Telefone in Vorlesungen, Chorproben und Gottesdiensten. Das Handy gehört einfach zum tanzanischen Leben dazu. Sei es als Kommunikationsmittel (die Phase des Festnetzanschlusses wurde weitestgehend übersprungen), als Taschenlampe, Camera, Taschenuhr oder ganz wichtig als Radio. Ohne Handy kommt man eigentlich gar nicht aus!

Umso fataler war mein Verlust meines Outdoor-Handys. Nicht nur weil ich bisher auf sämtliche Nummern und eingespeicherten Termine nicht mehr zurückgreifen kann, vor allem wegen der Zusatzfunktion des Thermometers und des Kompasses.
Inzwischen habe ich im Handyshop in Moshi Ersatz bekommen und kann eine Funktion mehr dem Handy zu ordnen.

Es ist einer der besten Wege die Sprache „by doing“ zu lernen!
Zunächst mehr aus Scherz habe ich in den Spracheinstellungen auf Kiswahili gestellt, doch mittlerweile klappt‘s ganz gut. Zumal ich nun auch rausgefunden habe, wie man das tanzanische Zeitsystem einstellen kann und so auch nicht mehr völlig konsterniert schaue, wenn jemand sagt, wir treffen uns dann um 3 Uhr morgens (gemeint ist 9h da der Tag um 6h beginnt!).
Außerdem hat eine SMS genau die Zeichenlänge, die ich gut in Kiswahili bewältigen kann und das Erfolgserlebnis stellt sich mit der Antwort recht bald ein.

Sollte also irgendjemand mal nach Tanzania kommen und so wirklich in das Land einsteigen, dem würde ich dringend dazu raten sich für ~25,-€ eine solche multifunktionale Lernmaschine zu besorgen. Das verschafft baldige Lernerfolge und erspart jede Menge Ärger über verlorene Nummern, gleichzeitig umgeht man die Problematik des Ladekabel mit rechtem Adapter und man besitzt ein landestypisches Kommunikationsmittel.

Was passiert, wenn bei einer Abendandacht der Strom ausfällt?

In Afrika eigentlich nicht viel :-)

Eigentlich habe ich darauf schon längst einmal gewartet, dass bei einm Sala ya Jioni der allabendliche Powercut einsetzt. Heute war es dann endlich so weit.

Vor dem letzten Lied beim Sala zu dem die Gemeinde aus der Chappel herauszieht, ist immer noch Raum für Ansagen und Nachrichten. Jeder hat dann die Möglichkeit Neuigkeiten auszutauschen oder Abendveranstaltungen anzukündigen. Mitten in diesen Abkündigungen gingen nun mit einem letzten Aufflackern die Neonlampen aus.
Lediglich die beiden Altarkerzen erfüllten den Altarraum mit einem gemütlichen Licht.

Der Ansager, der nun gänzlich im Dunkel verschwunden war (mhm, wer kennt nicht den Witz von den zwei Farbigen im Tunnel) redete ungestört weiter. Und eigentlich machte auch keiner Anstalten irgendwie in Aktion zu treten. Jeder kramte für sich sein Handy aus der Tasche und allmählich gingen Lichtlein für Lichtlein die blauen Handylampen an. Einige versuchten den Ansager ein wenig anzustrahlen und so endeten die Ansagen ziemlich unspektakulär. Nur ein weißer Europäer konnte sich das Lächeln nicht verkneifen…

Problematisch wurde es beim letzten Lied. Nachdem der Liturg die Nummer angesagt hatte, machte sich kurz ein wenig Unstimmung breit. Kurzer Hand wurde ein Lied angestimmt, was die meisten kannten und zudem noch leicht zu singen war, weil es eigentlich nur aus einem Kehrvers bestand, in den dann die Gemeinde einfällt. So schwungvoll jubelnd zogen wir also aus der Chappel hinaus. Draussen strahlte wiedermal die Halbmondsichel mit den Sternen um die Wette. Und über den Campus verteilten sich die singenden Grüppchen in das Herren- und auf der anderen Seite in das Damenrefugium. Noch auf dem Weg zu unserem Haus hörten wir die Stimmen, die mittlerweile weniger an Gesang als an helles Kriegsgeschrei erinnerten.

Examensfeier im KCMC

Posaunenchöre spielen bei Feierlichkeiten in Tanzania eine große Rolle!
Bei Hochzeiten wird häufig eine Posaunencombo angeheuert, die laut lärmend das Hochzeitspaar begleitet. Das sind dann meist 4-5 Bläser und eine Trommel. Gemeinsam improvisieren sie und es klingt vor allem ziemlich rhythmisch. Als ich das erste mal einen solchen Umzug erlebte, sagte mir der Pastor der Deutschen Gemeinde, der auch in Mwika unterrichtet, dass ich dafür meine Schüler ausbilden würde. Ich fasste das eher als ein Scherz auf, immerhin versuchte ich einen anderen „Style“ zu vermitteln.
Am Freitag nahm mich mein Musikkollege beim Chai zur Seite und meinte er müsse mit mir mal reden. Er hätte ein Schreiben bekommen, mit dem die Posaunenklasse zur feierlichen Examenszeugnisvergabe der Medizinstudenten vom KCMC (Kilimanjaro Christian Medical Center) in Moshi eingeladen würde. Wir würden gebeten, bei der Prozession der Examinanden behilflich zu sein, um einen feierlichen Rahmen zu bilden und das Evangelium Gottes weit in die Welt zu tragen.

Haken an der Sache wäre, es ginge morgen früh los. Aber das sei ja kein Problem, wir hätten ja schon zahlreiche Stücke geprobt und die Schüler seien solche Prozessionen gewöhnt. Nee, nach afrikanischer Auffassung war das auch kein Problem – denn Probleme gibt es eigentlich gar nihcht. Es ist nur die Frage wie man sich zu helfen weiß oder wie man mit der „Situation“ umgeht.

Treffpunkt für die Exkursion war 6.45h im Musiksaal mit gepackten Instrumenten (ausnahmsweise mal mit Koffern), Noten und ach ja Notenständer wären ja auch ganz gut. Das Dalla (für solche Fahrten bestellt die Bibelschule immer ein eigenes Dalla) war für Abfahrt um 7.00h bestellt und ich wurde instruiert, dass wir pünktlich los kämen. Mein Kollege wollte dann unterwegs einsteigen.

Am nächsten Morgen machte ich mich um 6.30h auf den Weg – für den Fall das was dazwischen kommen würde. Es war ein traumhafter Morgen, der Kilimanjaro zeigte sich in den ersten Sonnenstrahlen und in den riesigen Bäumen auf dem Bibelschulgelände saß ein Hornvogelpärchen.

Als ich den Musiksaal kam war noch alles so, wie wir es nach der Probe am Abend zurückgelassen hatten und nur zwei meiner Schüler waren in einem der Räume am Frühstücken. Etwas verwundert schauten sie mich an und verstanden nicht so recht warum warum ich schon da sei. Allmählich erwachte die Bibelschule zum Leben und vereinzelt stapften die Schüler zu den Waschräumen oder in den Kuhstall um sich Milch zu holen. Meine europäische Uhr tickte gewaltig und je näher die angesetzte Abfahrtzeit rückte, desto angespannter wurde. Die beiden Schüler waren inzwischen verschwunden, wie ich dachte um die anderen zu holen. Natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass wir Punkt sieben losführen, aber immerhin wollten wir vor Beginn der Veranstaltung um 9h noch im KCMC frühstücken und mit 1-1,5 Stunden Fahrtzeit mußte man nach Moshi auch einrechnen. Schließlich versuchte ich meinen Kollegen anzurufen um ihn mitzuteilen, dass das Dalla noch nicht da sei – natürlich erreichte ich ihn nicht. Auch 10 Minuten später nicht. Doch im selben Moment als ich aufgelegt hatte bog ein Motorrad in die Bibelschule ein und ich war mir sicher, dass er das wohl wäre.

So war es auch und die Anspannung fiel von mir ab, immerhin war ich nun nicht mehr verantwortlich, wenn wir zu spät kämen. Letztlich kamen wir um kurz vor acht los, hatten eine ziemlich rasante Fahrt in die Stadt und nahmen uns einfach noch die Zeit zu frühstücken. Fortan schaute ich einfach nicht mehr auf meine Uhr und wurde merklich entspannter.

Nachdem sich die Absolventen (allesamt in weitwallenden, violetten Talaren), die Pastoren und der Kreuzträger (wohlgemerkt: die afrikanischen Lutheraner legen großen Wert auf eine Unterscheidung von den Katholiken!) aufgestellt wurden ging die Prozession los. Die Bläser von der Bibelschule vorneweg, dann die Hauptakteure und anschließend eine Schar von Angehörigen. Alles wohl gesäumt und begleitet von verschiedensten Fotografen, Videocameras und unzählige Handyreporter. Seit meiner Schützenbläserzeiten war es das erste Mal, dass ich wieder marschieren sollte. Gemeinsam mit meinem Musikkollegen „durfte“ ich den Zug anführen. Auf meine Frage was wir denn spielen, meinte er, „ach nur die bekannten Stücken!“

Es stellte sich bald heraus dass er und ein weitere Schüler die Stücke sehr wohl kannten und wir anderen lernten sie dann einfach spielerisch. Insgesamt war es ein Mix aus Chorälen, die nach dem Schema Vorspieler-Nachspieler möglichst laut gespielt wurden und freien Improvisationen zu wohl afrikanischen Rhythmen.
Wieder einmal erlebte ich das Phänomen, dass man sich in Afrika wohl in einer Gruppe kaum schämt und so versuchte auch ich mich nicht verunsichern zu lassen, meinen Gang ein wenig lockerer erscheinen zu lassen und das Bad in der Menge ebenso zu genießen wie mein Kollege.

Der Zug ging übers komplette Klinikgelände bis zum Gottesdienstplatz, wo drei Zelte rechtwinklig aufgebaut waren. Eines für die Absolventen und Angehörigen, eines als Altarraum, wo nach dem Gottesdienst der Hightable eingenommen wurde, und eines für die Musik und andere Akteure. Nun saßen wir uns also gegenüber und die eigentliche Feierlichkeit konnte beginnen. Und die war auch wirklich feierlich. Angefangen von dem Gottesdienst, über zahlreiche Reden, Beiträge und Kuchenzeremonie, bis hin zur feierlichen Zeugnisübergabe und anschließender Buffeteröffnung mit Darfupräsentation. So manches Mal musste ich ein wenig wehmütig an meinen eigenen Studienabschluss denken. Obwohl natürlich grade wir Theologen die Möglichkeit für einen Dankgottesdienst gehabt hätten, bekam ich mein Zeugnis per Post zu geschickt bzw. konnte meine Diplomurkunde zwischen Umzug und Streichen im Studierendensekretariat abholen.

So ganz habe ich den/das Darfu noch nicht verstanden; es ist jedenfalls die höchste Ehre die einer Gastfreundschaft zuteilwerden kann und die Umschreibung „Spanziege“ wird ihm sicherlich in keinster Weise gerecht, umschreibt es aber möglicherweise vorläufig am vorstellbarsten.

Bei der ganzen fast 5stündigen Zeremonie habe ich fast vergessen, dass ich als einziger Europäer unter hunderten Afrikanern teilnahm. Erst beim Buffet wurde es mir wieder bewusst, als mir mit einem breiten Lächeln die größten Happen aufgelegt, und mein Teller liebevoll mit Tomaten und Gurken dekoriert wurde. Ich war ganz froh, dass keiner meiner Family mich vom Buffet weggehen sah, denn diesmal hatte ich eindeutig den gehäuftesten Teller. Ein wenig stolz bin ich schon, dass ich nicht nur alles geschafft habe und selbst das wehrhafteste Fleischstückchen bewältigen konnte, sondern vor allem recht professionell nur mit Löffel oder einer (!) Hand als Esswerkzeug zurechtkam.

Als am Ende auch noch der Blick auf den Kilimanjaro frei wurde, war ich gänzlich überwältigt.

An diesem Tag glaube ich, kam ich ein gutes Stückchen mehr in Tanzania an! Nicht nur weil ich um zahlreiche Lernerfahrungen reicher wurde, sondern auch weil ich merkte, wie relativ gut ich mittlerweile mit der Sprachbarriere zurechtkomme und wie sie merklich kleiner wird.

500 Höhenmeter

Neben der Kälte wird die Wetterlage hier oben auf dem Berg noch maßgeblich von den Regenfällen und Nebeltagen bestimmt. So dass ein Gang über den Markt auch gerne mal zur Schlammschlacht werden kann.

Vergangenen Freitag hatte ich Probleme den etwas höher gelegenen Markt sicheren Fußes überhaupt zu erreichen. Hier sind die Wege ja nicht befestigt und wenn es den ganzen Tag regnet und voller Marktbetrieb ist, dann wird der Schlamm ziemlich glitschig. Viele der Marktfrauen hatten ihre Malapas (Flipflops) ausgezogen und gingen barfuß. Ungeachtet des zahlreichen Unrates der im Matsch war. Ich war ziemlich froh als ich mit meinem Einkaufskorb voller Bananen, Tomaten, Gurken, Zwiebeln, Auberginen und Orangen ohne auszurutschen wieder zuhause angekommen war.
Umso erschrockener war ich, als ich am Sonntag zum Fußballspiel in die Stadt fuhr und nach einigen Höhenmetern bemerkte, dass es hier bedeutend trockener war.

Je näher wir nach Moshi kamen, desto trockener und staubiger wurde es. Die Maispflanzen sahen regelrecht dürr aus und auch die Pflanzen der in voller Blüte stehenden Sonnenblumenfelder ließen ihre Köpfe hängen. Bereiche die vor knapp zwei Wochen noch grün waren, waren nun rot und kahlgefressen. Immer mehr Ziegen- und Kuhherden fielen mir auf, die durch die Dornen getrieben wurden und sich an den Wasserläufen sammelten, in denen das Wasser aus den Bergen als rot-braune Brühe herabströmte.
Das war nun also das Afrika, so wie ich es eigentlich erwartet hatte. Die ganzen letzten zwei Monate hatte ich gar nicht das Gefühl wirklich in Afrika zu sein. Vielmehr kam es mir vor einfach ein paar Monate übersprungen zu haben und im europäischen Sommer gelandet zu sein.

Ich war regelrecht geschockt. Wieviel doch 500 Höhenmeter ausmachen!
Seit dem sehe ich den Regen und den Nebel mit anderen Augen. Selbst wenn die Bauern (und fast jeder hat hier sein eigenes Maisfeld) etwas in Sorge sind, dass die Feuchtigkeit dem Mais schaden könnte. Immerhin wollen sie ja in zwei Wochen die ersten Kolben ernten und für eine optimale Ernte bräuchte er nun auch in den Bergen Sonne.

Es ist kalt in Afrika!

Ja, auch in Afrika kann man frieren. Und das kommt für mich relativ überraschend, auch wenn ich in meiner Vorbereitungszeit davor gewarnt wurde.

Anfangs habe ich meine Schüler noch belächelt, als sie dick eingemummelt morgens im Unterricht erschienen. Es ist aber wirklich ein ziemlich lustiges Bild, wenn eine Massai-Mama mit dicker Daunenjacke, blau-rot karierter Decke und großer Pinguinmütze ankommt, oder wenn im Sala ya Asubuhi eine Schülerin in einem Fleece sitzt, welches von einer verschneiten Winterlandschaft mit Rehen geziert wird. Bald schniefte und hustete es in jeder Kirchenbank und auch beim Chor waren die Reihen etwas gelichtet. Pole sana! Nun taten sie mir wirklich leid.

Ich selbst lief immer noch im (langärmeligen) Hemd rum und wurde davon von einigen Schülern missfällig angeschaut. Galt ich doch als Verräter. Immerhin ist es durch die Veränderungen mit dem Unibetrieb auch zu einer Umstellung der Semesterzeiten gekommen. Es ist das erste Jahr, in dem so spät die Bibelschüler noch auf dem höher gelegenen Campus weilen. Na, und wenn die Lehrer nicht frieren, dann kann es ja so schlimm nicht sein und an den Semesterzeiten braucht auch nichts abgeändert zu werden.

Immer wieder wurde ich gefragt, ob die Temperaturen jetzt so wie in Deutschland wären. Da mein Handy mit integriertem Thermometer Pfingsten den Geist aufgegeben hat, konnte ich die Frage nicht wirklich beantworten. Aber subjektiv würde ich dem jetzt alle male zustimmen. Besonders nachts freue ich mich über meine herrlich wärmende Decke. Das Duschen fällt mir da schon schwerer, denn warmes Wasser aus der Wand gibt es für mich nur im Haria-Hotel in der Stadt. Inzwischen trage auch ich meine Fleecepullover und bin sehr dankbar, dass ich den Tipp bekommen habe sie mitzunehmen.

Dienstag, 1. Juni 2010

Gottesdienstbesuche in Tanzania

Die deutschen Gottesdienste sind immer tot langweilig, steif und dementsprechend spärlich besucht – dagegen sind die Gottesdienste in Afrika total fröhlich, dauern gerne mal zwei Stunden, es wird getanzt, gesungen und gelacht und sie sind immer zum Bersten gefüllt.
So könnte man wohl klischeehaft die beiden Veranstaltungen vergleichen.

Nun, das Tanzen hat die tanzanische Kirche ebenso verboten, wie den Alkohol und das Rauchen. Mittlerweile wird zumindest ersteres nicht mehr so streng gesehen, aber das wirklich getanzt wird ist, bis auf einige besondere Gottesdienste, nachwievor (nach meinen Beobachtungen) eher noch die Ausnahme. Und dennoch wirken die Gottesdienste für uns wesentlich lebendiger und fröhlicher. Tatsächlich ist eine gelungene Predigt eine Predigt in der man mindestens einmal gelacht hat und in der man direkt angesprochen wurde. Das ist durchaus wörtlich gemeint. Denn das „Bwana Yesu asefiwe“ (Der Herr Jesus werde gepriesen!“) wird der Gemeinde zwischendurch immer wieder entgegengeworfen, worauf diese mit einem kräftigen „Amin“ antwortet. War es dem Prediger nicht kräftig genug, so wird das einfach nochmal wiederholt. Eigentlich ein ziemlich geschickter Schachzug, so schafft man eine Zäsur in der Predigt, weckt möglicherweise den einen oder die andere Predigthörerin wieder auf und unterstreicht gleichzeitig seine Aussagen. Didaktisch und pädagogisch höchst wertvoll!
In diesem Sinne: Bwana Yesu asefiwe! … !
Bwana Yesu asefiwe! … AMIN!

Bassi, am prägnantesten ist jedoch für mich der kräftige Gemeindegesang. Im tanzanischen Gesangbuch sind nur die Texte der Lieder abgedruckt. Dennoch werden die Lieder kräftig, teilweise sogar mehrstimmig mitgesungen und das obwohl (oder grade weil?) keine Orgel den Gemeindegesang begleitet. Überhaupt wird im tanzanischen Gottesdienst eigentlich nur gesungen, wenn nicht gerade gebetet oder die Predigt gehalten wird. Dadurch wirkt der Gottesdienst natürlich besonders feierlich und fröhlich!

Grund für den vielen Gesang sind gar nicht mal die Choräle, sondern vielmehr die Liturgie. Die komplette, recht umfangreiche Liturgie wird gesungen. Und das teilweise sogar mehrstimmig. Gerade in den ersten Tagen erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich im Laufe des Tages einen Ohrwurm vom Morgenlob besaß und lustig die Liturgie vor mich her pfiff. Wird in Deutschland für die manchmal recht steifen Gottesdienste die Liturgie verantwortlich gemacht, so müsste das für Tanzania eigentlich noch mehr zu treffen. Nur seltsamer Weise ist sie es gerade, die „die afrikanischen Gottesdienste“ so lebendig und fröhlich erscheinen lässt!

Von der Länge des Gottesdienstes her kann der in der Tat gerne mal zwei Stunden dauern, besonders wenn ein Altbischof an die Stunde lang predigt. Doch das ist auch den Afrikanern zu lang und so schläft man entweder ein, oder wie Mama Agnes heute, gähnt einfach mal ganz herzlich und vernehmlich. Daraufhin hat der Altbischof uns alle aufstehen lassen und einen Choral schmettern lassen. Da noch nicht alle ganz wach waren, hat er abbrechen und nochmals anstimmen lassen, nicht vorher versäumend darauf hinzuweisen, dass man doch kräftig mitsingen solle.

Doch die Morgen- bzw. Abendandachten an der Bibelschule dauern meist nicht länger als eine halbe Stunde. In der Regel fangen sie auch pünktlich an und sind relativ gut besucht. Es sei denn es findet noch ein Fußballmatch gegen die Universität statt. Dann kann es schon mal passieren, dass wir nur zu dritt um 18.30h in der Chappel sitzen. So wie vergangenen Freitag im Sala ya Joni. Aber anstatt zu warten, wurde trotzdem schon mal angefangen – man sang halt einfach noch ein bisschen kräftiger!

Sicherlich ist – sei es in Afrika oder in Deutschland – jeder Gottesdienst anders und natürlich von einer Andacht zu unterscheiden. Doch letztlich glaube ich, kommt es wohl darauf an was man daraus macht!

Bwana Yesu asefiwe! …

Halleluya! Amin!

Saloni ya kutengenezea nywele*

Nach fast zwei Monaten entschied ich mich in dieser Woche für einen Besuch beim tanzanischen Herrenfrisör. Sicherlich kennt ihr alle die herrlichen Zopffrisuren an denen man vermutlich Stunden sitzt. Jedes Mal wenn eine meiner Schülerinnen nach einem Wochenende mit einem neuen Zopfmuster in der Klasse erscheint erkenne ich sie fast nicht. Als sich vor einigen Wochen eine der Wazungus die Haare hat flechten lassen, stellt die Haareflechterin wieder einmal fest, dass wir ja ganz andere Haare haben – die sind so schön weich und lassen sich so leicht kämmen (dafür halten aber die Frisuren bei uns auch nicht).

Neben dem Flechten gibt es dann noch eine andere prominente Methode des Frisierens und das ist wachsen lassen – aber primär rasieren. In der Tat fällt es mir leichter einen der Lehrer, oder der Schüler wiederzuerkennen, wenn sie sich mal wieder die Haare rasiert haben.

Am Markt in Mwika sind einige Friseursalons und einer der ehemaligen HuYaMwi-Schüler möchte sich jetzt grade selbstständig machen. Also fragte ich die Voluntärinnen, wo der Laden denn sei und schließlich kam sie einfach mit, um sich auch die Haare scheren zu lassen. Es versprach also eine interessante Angelegenheit zu werden.
Der Markt, der sonst ein ziemlich wuseliger Ort ist, schien gegenüber Markttagen wie ausgestorben. Nur ein paar der weißkrausigen Krähen saßen auf den verlassen Marktständen und vereinzelnde Schülergrüppchen waren in ihren Schuluniformen auf dem Heimweg.

Als wir zum Friseursalon kamen, saß Ruben ziemlich lässig in seinem Frisiersessel und grüßte uns freudig. Wir tauschten zunächst die üblichen Neuigkeiten aus und fragten am Schluss ob er uns nicht die Haare schneiden wollte. Seinem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass er etwas überrascht war und er fragte nochmal nach, ob er’s richtig verstanden hätte.

Während ich Platz nahm und Ruben die Haarschneidemaschine desinfizierte, die Aufsätze vor mir aufreihte und mir den obligatorischen Umhang umband, telefonierte er mit einem Bekannten, dass er nun ‘nem Mzungu die Haare schneiden würde. Zaghaft begann er schließlich mir die Haare zu schneiden. Bevor sein Freund kommen konnte, hatte sich draußen schon eine kichernde und lachende Schülergruppe eingefunden und auch Ruben schien seinen Spaß zu haben. Als dann aber sein Freund kam, war Ruben sichtlich erleichtert und übergab die Maschine, offensichtlich an seinen Lehrer. Nun ging es etwas forscher voran. Wie mir versichert wurde, hätte er schon Erfahrungen mit den Haaren der Weißen. Doch irgendwie müssen die Haare der Norddeutschen widerspenstiger sein als die der Ungarn – zwar schnitt die Maschine Haare ab, doch mein Kopf sah weniger nach Frisur aus. Schließlich nahm ich die Maschine selbst in die Hand und begann einmal von der Stirn beginnend gegen die Wuchsrichtung zu schneiden. Zumindest waren die Haare nun wieder einigermaßen gleichmäßig lang ;-)

So setzte er das Haarescheren fort, wechselte für die Seiten die Aufsätze und schnitt nachher auch noch die Konturen nach – selbst an der Stirn. Letztlich war es sehr zu meiner Freude nicht die ganz klassische afrikanische Haare-ab-Frisur. Der Abschluss der Zeremonie bestand aus einem abgepudert Werden mit einem normalen Malerpinsel und Abtupfen mit Alkohol. Auch die Maschine bekam eine entsprechende Prozedur verpasst, schließlich sollte jetzt der andere Mzungu geschnitten werden. Während er die Maschine ölte, meinte er mit einem sorgenvollen Blick, dass er sich nun wohl eine neue Maschine kaufen müsste, weil die doch sehr beansprucht würde und deswegen nicht mehr so gut schneide.

*„Salon um Haare herstellen/reparieren zu lassen“

Pfingstspaziergang nach Lole






Pfingsten ist in Tanzania kein staatlicher Feiertag, deswegen ist der Pfingstmontag eigentlich auch kein freier Tag. Da ich aber am Montag eh immer meinen „Offday“ habe, habe ich mich am Pfingstmontag endlich einmal aufgemacht meine fernere Umgebung zu erkunden. Mit dem Dalla bin ich schon ein paarmal an dem Wegweiser nach Lole vorbei gefahren, und nun wollte ich mich endlich mal zu Fuß auf den Weg dorthin begeben. Lole ist die Partnergemeinde der Kieler Emmausgemeinde, und von dort hatte ich schon viel über den Bau der „Kathedrale“ gehört. Jede Gemeinde aus der ein Bischof gewählt wird, fühlt sich verpflichtet ihm zur Ehre einen entsprechend repräsentativen Kirchenbau zu errichten. So ganz vorstellen konnte ich es mir nicht, schließlich geht es nach Lole nur über eine recht steile Straße den Berg hinauf. Vorbei an kleineren Ortschaften und einer ganzen Reihe Bars, vor denen die Tanzania saßen und ihr Pombe tranken. Pombe ist ein Bananen-oder Hirsebier, was eher ungekühlt getrunken wird und kulinarisch nicht unbedingt ein Hochgenuß sein soll, dafür aber ordentlich Alkohol enthält – was man spätestens am nächsten Tag zu spüren bekommt. So vorgewarnt lehnte ich die zahlreichen Karibu-Rufe dankend ab, nicht zuletzt, weil in der tanzanischen Kirche striktes Alkoholverbot herrscht.

Weiter ging’s durch Bananenhaine und Kaffefelder den Berg hinauf, vorbei an bunten Kangas, die zum Trocknen über Büsche gehängt oder einfach auf dem Boden ausgebreitet waren. In relativ regelmäßigen Abständen kamen mir Motorräder entgegen gerollt, welche die Hanglage dazu nutzten, Benzinsparend runter zu rollen, um mich nach einer gewissen Zeit vollbeladen mit einem Fahrgast oder gelben Fässern etc. wieder zu überholen. Diese Art des Shuttles wird Piki-Piki genannt und ersetzt die sonst üblichen Dalla-Dallas. Meist grinste der hinten Sitzende breit über den Mzungu, der sich zu Fuß in der Mittagssonne den Berg hinauf mühte und winkte mir fröhlich zu. Überrascht war ich selbst darüber, wie relativ selbstverständlich ich die mir Entgegenkommenden grüßte und sogar kleinere, einfachere Dialoge führen konnte. Bei meinem letzten Markteinkauf ist mir bewusst geworden, dass die wenigstens hier „Nativspeaker“ sind, sondern das Kiswahili auch erst in der Primaryschool gelernt haben – sonst spricht man hier Kichagga, eine der zahlreichen eigenen Stammessprachen. Diese Erkenntnis läßt mich etwas ungezwungener mit der Sprache umgehen, wobei die Betonung aber ziemlich stark auf dem „etwas“ beruht.

Nach der letzten Wegbiegung erkannte ich auf einer Anhöhe schließlich die Umrisse eines Rohbaus, der ganz sicherlich kein staatliches Kaffeplantagenhaus werden sollte. Beim Näherkommen konnte ich mir schon besser die Umrisse der späteren Kirche vorstellen, auch wenn es noch einiges an Phantasie bedurfte. Mein Besuch blieb nicht lange unentdeckt, und so riefen die Kinder der angrenzenden Primaryschool, das mir schon fast etwas (s.o.) unangenehme Mzungu! Mzungu!

Nachdem mich ein großer Lory überholt hatte ging ich noch ein wenig weiter den Berg hinauf um mich dann allmählich auf den Heimweg zu machen. Um nicht wieder denselben Weg über die Hauptstraße zurück zu gehen, bog ich in einen kleinen Trampfelpfad ein. Bei einen meiner vorherigen Spaziergänge war ich überrascht, das selbst die unscheinbarsten Trampfelpfade durch die Bananenhaine letztlich wieder zurück auf eine Hauptstraße führen. Naja, dieser natürlich nicht und so fand ich mich nach einigen Metern auf einem Maisfeld wieder. Der Weg endete in einem Blätterhaufen und von oben plumpsten die Parachichis herab. Ein Bauer mit seiner Frau stand nebenan im Bananenfeld und riefen mir zu woher ich denn käme. Naja, aus Ujerumani – aus Deutschland – antwortete ich, worauf hin der Bauer auf mich zu kam. Aus dem Baum erscholl ein fröhliches „Habari?“, und bis der Bauer bei mir angekommen war, unterhielt ich mich ein wenig mit dem netten Parachichi-Pflücker. Dankenswerterweise unterbrach er für die Dauer unseres Gesprächs die Ernte, so dass ich auch ganz entspannt unter dem Baum stehen bleiben konnte.

Wohin ich denn wolle, fragte mich der Bauer und als ich antwortete, nach Mwika, war das Bild des herumirrenden Mzungus wohl wieder mal komplett. Er führte mich über seinen Hof wieder zurück auf die Hauptstraße und seine Frau stellte dabei ziemlich zielsicher fest, dass ich wohl zur Bibelschule zurück wollte und fragte ob sie mir ein Piki-Piki rufen sollte. Dabei wollte ich doch grade mal zu Fuß ein wenig die fernere Umgebung erkunden. Letztlich ging ich also denselben Weg wieder herab. Diesmal konnte ich meinen Blick aber in die Ferne schweifen lassen, wo die umliegenden Bergspitzen im blauen Dunst der Nachmittagssonne verschwammen.

Auf dem Heimweg wollte ich eigentlich ein paar Pfingstgrüße per SMS verschicken, doch anscheinend hatte sich mein Handy so sehr an die norddeutsche Ebene gewöhnt, dass die afrikanische Wärme und die alpine Höhe (immerhin ca. 1800m) ihm den Rest gegeben haben. Nun habe ich eine Woche ohne Handy und dementsprechend auch ohne Taschenlampe und ohne Uhr hinter mir. Nachdem ich heute am Freitag auf dem Markt eine echt tanzanische Casio-Uhr erstanden habe (dessen Armband aber leider keine 24h gehalten hat), kann ich also wieder wazungugemäß rechtzeitig zum Unterricht erscheinen. Meine Schüler hatten sich schon Sorgen gemacht, was denn mit ihrem Lehrer los sei. Wenn ich das nächste Mal nach Moshi komme, werde ich mir dann ein tanzanisches Handy zulegen und darauf hoffen, dass ich irgendwie wieder an meine Nummern herankomme.

Jedenfalls werde ich auf diesem Wege zwangsläufig tiefer ins Kiswahili einsteigen können, denn die tanzanischen Handys haben natürlich auch ein tanzanisches Benutzerprofil… ;-)