In meiner kindlichen Weihnachtsvorstellung sind die Hirten auf dem Felde stets Männer gewesen, die sich in einer Schneelandschaft inmitten ihrer Schafherde an einem Feuer gewärmt haben, als der Engel zu Ihnen kam.
Schon oft ist mir hier in Tanzania bewusst geworden, wie dicht die Lebenswirklichkeit der Menschen an den Geschichten der Bibel dran ist. Und so ging es mir auch in der vergangenen Woche als ich mit Angelika Wohlenberg in der Massaisteppe war.
Die Woche war voller Erlebnisse und Eindrücke ganz unterschiedlicher Art. Alleine schon die Fahrt durch das Schutzgebiet des Ngorongoro-Kraters war ein Erlebnis für sich. Von den verschiedensten Grosswildarten Tanzanias wurden wir empfangen und die Steppe begrüßte uns in einem zarten Grün, da es in der vorhergehenden Woche ordentlich geregnet hatte. So war die Fahrt weniger staubig als befürchtet. Bis zum Ende der Woche hatten sich die Pistenverhältnisse jedoch radikal verändert, dafür blühten dafür die „Lilien auf dem Felde“.
Auf den Fahrten zu den Klinikeinsätzen wurden die Zebras, Gazellen und Strausse schon fast zum alltäglichen Bild. Doch nur fast, denn der Faszination über einem Akazienbaum plötzlich den Kopf einer Giraffe zu erblicken und darunter ihr kleines Kalb zu sehen kann man sich wohl kaum entziehen. Auch die Ebene mit den hunderten von Gnus und Zebras mit ihren frischgeborenen Fohlen zu sehen, dazwischen die Viehherden der Massai durchziehen zu sehen… - das war wiedermal ein ganz anderes Tanzania als in der fruchtbaren, reichbevölkerten Kilimanjaro-Region.
Ganz besonders waren für mich die verschiedensten Begegnungen mit den Massais bei den Klinikhalten im Schatten von einzelnen Bäumen oder bei Besuchen in ihren Bomas. Stets gab es dann den obligatorischen Chai, der hier noch ein wenig geräucherterer war, als sonst bei uns an der Bibelschule. Gewöhnlich ist er stark gesüsst – umso überraschter waren wir, als wir bei einem Stopp deftigen Tee bekam, der statt mit Zucker mit Salz verfeinert war. Der erinnerte dann doch mehr an Räucheraal-Tee als an Chai.
…die hüteten des Nachts ihre Herden…
An unserem letzten Abend waren wir in das Boma der Großmutter einer Schülerin der Schule in Malambo eingeladen. Wir hatten uns ein wenig verspätet und so saßen wir noch in der Lehmhütte, als die ersten Ziegenherden zurück kamen. Den Tag über sind sie mit einem „Hirten“ in der Steppe oder in den Bergen unterwegs und gegen Abend kommen sie dann wieder zurück um die Nacht im Gral zu verbringen.
Hier lernte ich nun, dass es keineswegs nur die Männer oder kleinen Jungs sind, die die Ziegenherden hüten, sondern dass das mittlerweile auch zur Arbeit der Mädchen geworden ist. Als das Glockengescheppere dichter kam und die ersten Herden das Boma erreichten gingen wir der Schwester der Schülerin entgegen. Es war ein faszinierendes Bild, von allen Seiten die Staubwolken heranziehen zu sehen. Zwischen den lustig blöckend und meckerden Herden zogen auch eine ganze Reihe Esel mit, die teilweise gelbe Wasserkanister trugen.
Gemeinsam kehrten wir zum Boma zurück. Inzwischen waren schon die meisten Grals mit Ziegen gefüllt und auch „unser“ Gral füllte sich allmählich mit der Herde. Einige vorwitzige Zicklein schlüpften noch durch die Zwischenräume der Äste, wurden aber bald von ihren Müttern zurückgerufen. Es kehrte keine Ruhe in Sinne von Stille ein – vielmehr lag über allem ein Klangteppich aus Ziegengemeckere, Eselsgeschrei und Glockengescheppere – doch es kehrte eine ganz eigene Ruhe und Beschaulichkeit ein.
…lasset uns nun gehen…
Mit Dornengestrüpp werden die Bomas in der Nacht verschlossen. Und ehe das Boma verschlossen wurde, machten wir uns auch auf den Rückweg nach Malambo.
Ob die Hirten damals ihre Herden auch so gesichert zurückgelassen hatten – oder ob das Szenario doch ganz anders gewesen sein wird? In meiner Vorstellungswelt hat das Weihnachtsszenario eine weitere Facette bekommen. Ich weiß nicht, ob dieses Bild sich beim Hören der Weihnachtsgeschichte in meine Gedanken einmischt, oder sich beim Singen des Weihnachtsoratoriums Schafherden durch meine Gedanken galoppieren.
Zumindest in diesem Jahr werde ich so eingestimmt die Weihnachtsgeschichte hören und ein Stückweit in Gedanken bei den Hirten auf dem Felde sein.
Wie die Frauen am Ostermorgen am Grab, so erscheinen auch die Hirten manchmal nur in der Nebenrolle. Und dennoch sind sie es, die als erstes das neue Ereignis sehen. Der Weihnachtsengel ruft ihnen als allererstes zu: Fürchtet Euch nicht! Usiogope!
Und sie machten sich ohne Furcht auf, und vertrauten auf das, was ihnen verkündigt wurde.
Weihnachten steht, egal ob in Tanzania oder in Deutschland, zu Beginn des Kirchenjahres - doch am Ende des Jahres. Ähnlich wie die Hirten auf dem Felde machen wir uns auf und lassen gleichzeitig etwas zurück.
Dabei um einen Gral, um ein schützendes Boma zu wissen, welches unser Glaube ist, und auf die Weihnachtsbotschaft des Engels zu hören, dass prägt in diesem Jahr mein Bild von „den Hirten auf dem Felde“.
Und der Engel sprach zu ihnen: „Fürchtet euch nicht! Siehe ich verkündige euch große Freude, die allem Volke wiederfahren wird!“ [Lk 2,10]
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest!
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lieber jens,
AntwortenLöschenhab leider deine mailadresse nicht - daher auf diesem wege herzliche grüsse aus feucht und ein fröhliches und gesegnetes weihnachtsfest. hoffentlich sind deine eltern gut in dtld weggekommen...
roland
p.s. melde ich mal per mail!
Lieber Jens!Ich hoffe, Du hattest ein schönes Weihnachtsfest. Hier in Norddeutschland ist "Bilderbuchwetter". So,wie es auf Postkarten zu sehen ist: Alles ist mit Schnee bedeckt!Nun wünsche ich Dir einen schönen Jahreswechsel. Für die letzte Zeit in Tanzania weiterhin Gottes Segen und eine glückliche Heimkehr. Liebe Grüße aus HL sendet K.H.
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