Samstag, 24. April 2010

Tanzanischer Kindergeburtstag

Gestern Abend (22.04.)waren wir bei unserer Nachbarin zum Geburtstag ihres Sohnes eingeladen. Dachte ich zunächst, dass das einfach ein netter Anlass wäre Leute einzuladen und für mich eine Möglichkeit Stückchen für Stückchen in das afrikanische Leben hineinzukommen war auch dies für mich wieder ein Sprung ins kalte Wasser.
Stellt man sich einen deutschen Kindergeburtstag vor, so erinnern wir uns möglicherweise an nachmittägliche Spiele wie Topfschlagen, Kuchen und Süßigkeiten bis der Bauch platzt und einfach eine Horde lauter fröhlicher Kinder.
Hier ist das so ein bisgen anders: Die Gäste sind alle erwachsen, treffen sich nach Einbruch der Dunkelheit und sitzen relativ ernst beisammen.

Nachdem der Großteil der Gäste da waren begann einer der Bibelschüler die „Zeremonie“ und führte durch den Abend. Zu Beginn der Andacht sangen wir einen tanzanischen Choral, dessen Melodie –wie bei so vielen Kirchenliedern – stark an „Großer Gott wir loben Dich“ erinnerte. Danach hielt der Pastor (Mchungaji) eine kleine Ansprache und betete. Petra, eine der Voluntärinnen übersetzte für mich, sonst hätte ich wohl nur die Hälfte verstanden und das wäre dann wohl fatal ausgegangen. Nun wurde der Kuchen aufgedeckt, der am Ende des Couchtisches unter einem Deckchen versteckt war. Ean, das in kurzen Anzug fein herausgeputzte Geburtstagskind, durfte den Kuchen symbolisch anschneiden, ehe seine Schwester mundgerechte Happen herrichtete und in jeden einen Zahnstocher steckte. Bevor aber der Kuchen verteilt wurde stellte uns Mama Moshi, die Mutter von Ean, gegenseitig vor. Sie begann selbstverständlich mit dem Pastor, stellte aber danach direkt mich vor - als Mchungaji Jens Daniel. Wer in Afrika Theologie fertig studiert hat, der gilt also gleich als Pastor und so kam mir an diesem Abend fortan ebenfalls die Ehre des „Pastors“ zuteil. Nun war ich Petra wirklich dankbar für ihre Übersetzungen.
Nach vorgegebener Reihenfolge verteilt nun das Geburtstagskind den Kuchen. Zunächst führte er seinem Bruder ein Stück direkt in den Mund, was auf Foto festgehalten und mit Applaus honoriert wurde. Danach kamen der Pastor und ich an die Reihe, abschließend seine Mutter, die ihm dann auch ein Stück Kuchen in den Mund legte.

Während dieser Kuchenzeremonie wurde im Nachbarzimmer hinter einem dünnen Tuchvorhang das Essen bereitgestellt. Jeder einzeln durfte schließlich dahinter verschwinden, bekam von Mama Moshi die Hände gewaschen und einen Teller aufgefüllt mit Reis, einem fantastischem Fleischgericht (da braucht man kein Ingwerwässerchen mehr ;-)), Gemüse und darauf ein Pfannkuchen und Früchte. Gegessen wurde nur mit einem Löffel, und wir deutschen Gäste durften Knochen und allzu knorpelige Fleischstückchen auch auf den Rand legen. Mittlerweile – der allabendliche Stromausfall wurde inzwischen mit einer grellen Neontaschenlampe überbrückt – saßen alle, gut mampfend auf ihrer Couch, die Teller auf’m Schoss und die Soda in der Hand. Da machte sich der Pastor auf den Weg, dankte und verschwand mit dem Hinweis, er könne ja nun ohne schlechtem Gewissen gehen „Mchungaji Daniel“ sei ja da und würde den Rest machen.

Draussen war es nun vollends dunkel geworden, was aber kein Hindernisgrund darstellte sich dennoch vor dem Haus zu einem Gruppenfoto zu formieren. Mit der Neontaschenlampe wurde grob ausgeleuchtet und der Blitz des Fotoapparates tat sein übriges zufriedenstellende Fotoergebnisse zu erzielen. Nun ging’s wieder ins Haus und dort neigte sich der Kindergeburtstag langsam dem Ende entgegen. Für mich wohl der bewegendste Teil, nicht nur weil ich nun aufgefordert wurde nach einem weiteren Geburtstagsständchen – Happy Birthday to you & Zum Geburtstag viel Glück – ein Gebet für Ean, seinen Bruder und seine Eltern zu sprechen (ich durfte es auch auf Englisch oder Deutsch halten und entschied mich letztlich doch für Deutsch). Daran anschließend erzählte seine Mutter die Geburtsgeschichte von Ean. Man hört ja viel über die hohe Kindersterblichkeitsrate in Afrika und nach diesem Bericht kann ich nun auch irgendwie verstehen, warum so ernst-feierlich der sechste Geburtstag eines Kindes begangen wird. Es ist eben nicht selbstverständlich, dass Kinder dieses Alter erreichen und dann in die Schule gehen können. Und so verstehe ich diesen Kindergeburtstag auch mehr als einfach nur ein nettes Beisammensein, sondern tatsächlich als ein ernsthaftes Gott danken!

Zur Verabschiedung prozessiert wir an Ean vorbei und wünschten ihm und seinem Bruder noch alles Gute. Mama Moshi geleitete uns dann bis zu unserem Haus, dem alten Pastorat in Mwika. Auf diesem Weg konnte ich wieder einmal die querliegende Mondsichel und den unbeschreiblichen Sternenhimmel Afrikas genießen und wäre beinahe über den Strick der Kuh gestolpert die uns wohl faszinierender fand als die Sterne.

1 Kommentar:

  1. Was Du alles schon erlebt hast, in dieser kurzen Zeit! Vor allem hat mich die Beschreibung des Kindergeburtstages berührt! Wie anders haben wir die Geburtstage unserer Mädchen gefeiert...Ich wünsche Dir, lieber Angeliter, ganz viel Freude beim Vermehren Deiner Eindrücke!Sei gegrüßt aus HL von Karin

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