Nun bin ich schon die zweite Woche in Tanzania und so langsam lebe ich mich ein. Zum einen in meiner Rolle als Unterrichtender an der Bibelschule, zum anderen vor allem aber als einer, ein Weißer, unter ganz Anderen. Nur schwer gewöhne ich mich daran, stets durch mein reines Erscheinen Aufmerksamkeit zu wecken und wohl auch Hilfsbedürftigkeit auszustrahlen. Je mehr ich ins Kiswaheli komme und mich, wie heute, über den Markt in Mwika begebe, desto mehr werde ich mich wohl auch daran gewöhnen.
In dieser Woche hat sich allmählich auch meine Wohnsituation geklärt: Nachdem ich die erste Woche bei Nissens in Moshi mitwohnen durfte und so sanft in Afrika ankommen konnte, bin ich nun seit Montag in Mwika. Die angedachte Wohnung bei einem Lehrer der Bibelschule – Mr. Mremi (weswegen ich vom Principal auch als Jens Daniel Haverland Mremi vorgestellt wurde) konnte aufgrund der Regenzeit nicht fertig gestellt werden. Also wurde daraufhin eine Lösung gefunden indem ich in das alte Pastorat in Mwika mit eingezogen bin. Hier sind unter anderem die beiden anderen Voluntärinnen und HuYaMwi untergebracht.
In der Bibelschule haben sich inzwischen meine Unterrichtsaufgaben auch zu Recht geruckelt. Ich werde neben Griechisch eine Veranstaltung zu den Katholischen Briefen und eine Klasse des Musikzweiges in „Posaunenchorarbeit“ unterrichten. Besonders bei sämtlichen Unterrichtsaufgaben merke ich welch wichtige Funktion die Sprache als Kommunikationsmittel einnimmt. Erst da ich mich plötzlich darauf nichtmehr verlassen kann, wird mir bewusst, welch wichtige Rolle sie spielt.
In Griechischunterricht läuft das derzeit noch recht gut, und im Neuen Testament habe ich das Gefühl auch mehr und mehr rein zu kommen. Obwohl grade die theologischen Termini natürlich nicht in meinem Wörterbuch drin sind. Da ich die Abschlussklasse „unterrichten“ soll, die nun im Sommer ihr Examen machen, befinden sich in dem Kurs schon gestandene Pastoren, die ganz gerne diskutieren. Für mich ist dann nicht nur die Sprache ein Problem, sondern vorallem die afrikanische Theologie, das Bibelverständnis und die Alltagsorientiertheit – da ich den afrikanischen Alltag ja noch gar nicht kennengelernt habe. Hitzigstes Beispiel könnte da z.B. die Frage nach der Abgabe des Zehnten sei. Steht doch im Dt 14,22-23 man möge von allem was man erntet den zehnten Teil Gott geben.
In unserer Diskussion ging es dann um das daraus abgeleitete Verständnis, dass der Kirchenzehnt bezahlt wird. Zumindest dachte ich das. So brachte ich Lk 18,12 als Kontroverse ein, dass man nicht nur einfach den Zehnt gibt, sondern nach seinen Möglichkeiten und vorallem mit offenem Herzen. Erst spät - zu spät - realisierte ich, dass es weder um die Wörter „tenth“ oder „tithes“ ging, sondern um die Frage, ob man es abgibt oder ob man es selber verspeist.
Sprachlich die größte Herausforderung ist allerdings die Musikklasse. Dachte ich doch eigentlich dass Musik als internationale Sprache bezeichnet werden könnte, merke ich nun, dass es freilich einen Unterschied macht gemeinsam zu musizieren oder ein Instrument zu unterrichten. Bisher war Kiswaheli Unterrichtssprache, weswegen manches Mal ein Lehrer dabei sitzt und dolmetscht. Zwar verunsichert es mich doch noch einigermaßen nicht zu wissen, was nun übersetzt wird – doch der gemeinsame Abschlusschoral sollte mich eigentlich gewiss machen, dass die Musik schließlich doch die Sprachbarrieren überwinden helfen kann.
Dies merke ich jedenfalls jeden Morgen bei der Morgenandacht, dem „sala sa asubuhi“. Denn selbst wenn ich bei der Ansprache nur bruchstückhaft Worte aufschnappen kann und sich in meinem Kopf dann eine eigene Predigt zusammensetzt, bei den Liedern kann ich wunderbar mitsingen. Einerseits entstammen die meisten Choräle unserem Choralbuch und andererseits werden die Choräle Swaheli-Mwanafunzigerecht langsam gesungen, so dass ich zumindest mit der Lautartikulation mitkomme. Dadurch werden mir manche Wörter vertraut und mit einem Lexikon versuche ich mir dann Strophe für Strophe zu erschließen.
Ja, soweit zu den Herausforderungen des Einlebens in Afrika. Daneben gibt es unzählige wunderbare Eindrücke und Begegnungen mit und von Land und Leuten. Sei es der atemberaubende Blick auf den Kilimanjaro beim Weg zum Morgengottesdienst, oder eine Einladung zum Kindergeburtstag eines Nachbarkindes, der Gang über den bunten Markt mit den unterschiedlichsten Gerüchen und Waren, oder die Fahrt mit dem DallaDalla, wo - obwohl schon überfüllt dennoch, noch eine Familie eingeladen wird; das schlafende Kleinkind durchgereicht wird bis es auf dem Schoß einer älteren Mama* zum liegen kommt und der Karton mit dem gackernden Huhn mir Mzungu auf den Schoß gesetzt wird.
In der Tat, Afrika ist ein buntes, vor allem aber vielseitiges Land. Habe ich am Anfang gedacht ich würde nach Tanzania zurückkehren und an so manche Erfahrung anschließen können, so bin ich inzwischen eines besseren belehrt worden und bin gespannt, welches Bild ich von Afrika im Laufe der Zeit gewinnen werde und für mich zulassen kann.
* (hier generell die Bezeichnung für eine Frau – man dehne die Aussprache des a’s und schon hat man das perfekte Bild einer in bunten Tüchern gehüllten Maamaa vor Augen)
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Hey Jens,
AntwortenLöschendas klingt ja alles wirklich richtig spannend und interessant!
Bei meinem Auslandsaufenthalt hatte ich anfänglich auch Probleme mit der Sprache, als ich in der dritten Woche einen kleinen Vortrag an der Uni halten sollte... Aber man wächst mit seinen Aufgaben und lernt ständig dazu. Dazu wünsche ich dir viel Kraft und Ausdauer!!!
Vor allem finde ich ja gut, dass du auch die Posaunenklasse bekommen hast. Gibst du da Einzelunterricht auf den Instrumenten oder leitest du einen Chor?
Heute Abend haben wir hier Bezirksprobe und gerade eben hatte Werner geschrieben, dass die korrigierten Hefte nun eingetroffen sind :-)
Alles Gute weiterhin und ich freue mich auf deine weiteren Berichte!
Lg, Sönke
moin jens,
AntwortenLöschendas sind wirklich spannende sachen, die du berichtest, und das nach 2 wochen...
ich freue mich auf mehr
lg
patrick