Samstag, 8. Mai 2010

Unterricht

Häufiger wurde ich jetzt schon gefragt, wie denn so mein Unterrichtsalltag ausschaut. So wirklich von Alltag mag ich noch nicht reden, ist doch noch vieles ungewohnt und nachwievor neu für mich.

Im Prinzip sind die Unterrichtstage ziemlich klar strukturiert. Morgens um 7.30h Morgengebet, danach von 8.00-11.00h drei Stunden Unterricht, wobei jeweils immer fünf vor mit einem Glockenschlag das potentielle Ende/Beginn einer Stunde angezeigt wird und zur vollen Stunde zwei Schläge den möglichen Beginn/Ende. Aber das sind ja nur „Richtwerte“ ;-)

Von 11-11.30h gibt es Chai. Für die Lehrer und alle anderen Angestellten im Staff-Office. Draußen vor steht ein Eimer mit warmen Wasser und Wasserhahn auf einem metallenen Dreibein und einer Schüssel darunter um sich die Hände zu waschen. Das ist ein ziemlich kommunikativer Akt – zumindest wenn man dem Kiswahili mächtig ist. Danach stellt man sich an um sich Tee mit Milch aus großen Thermoskannen auf möglichst viel Zucker zu gießen. Daneben steht ein großer Kochtopf der bis oben hin mit Maandazi gefüllt sind (Maandazi heißt eigentlich „in Fett Gebackenes“ und beschreibt das eigentlich recht gut: frischer Hefeteig in Fett ausgebacken).
Während des „Chai-break“ geht’s ziemlich talkative zu und es werden allerhand Sachen besprochen. Da kann man es auch erleben, dass der alte Principle mit dem Chief der Universität laut johlend in die Hände einschlagen um zu zeigen, wie doch die Sitten verkommen. Früher wurde man noch respektvoll von den Studierenden mit „Shikamoo!“ begrüßt und heute heißt es nur noch „Jambo!“ (quasi „Alda, wie geht’s“).

Nach dem Chai findet wieder ein dreier Block statt, bis es um 14.30h Mittag gibt. Schüler und Lehrer strikt getrennt. Da meine Stunden außer Donnerstags kaum so passend liegen, habe ich bisher selten mit gegessen. Nachmittags finden wohl auch noch Veranstaltungen statt, ehe um 18.30h eine Abendandacht die Vorlesungszeit beendet und danach sich die diversen Chöre treffen.

Unterrichten die anderen Lehrer teilweise deutlich über 20 Stunden, bin ich mit 10 Unterrichtsstunden eigentlich noch ganz gut bedient.

Letztlich unterrichte ich in drei Klassen:
Griechisch in D2 – sollte eigentlich nur Wiederholung sein, aber letztlich wird doch vieles nochmal neu gelernt. Wie sehr finde ich mich da in einigen der Schüler wieder. Kommenden Freitag werde ich den ersten Test schreiben und mir bangt nun schon vor der Konzeption. Will ich doch niemanden bloßstellen, aber auch nicht unterfordern. Nach einem Monat bin ich aber auch gespannt zu sehen, was von meinem Unterricht hängen geblieben ist und wo ich vielleicht doch hätte besser und verständlicher erklären müssen.

Bei den Kirchenmusikern unterrichte ich „Posauenchorarbeit“. Vom Fach her eigentlich ein Geschenk und gerade heute haben wir unseren ersten Morgengottesdienst mit Bravour gemeistert. („Das klang gar nicht so schief wie sonst“). In der Tat wird hier recht „Aufführungseffizient“ geprobt -also eigentlich kaum. Da die meisten erst vor knapp zwei Monaten das erste Mal ein Blechblasinstrument in den Händen gehalten haben und in Tanzania eher Rhythmus- und Lautstärkenbetont als denn chorisch gespielt wird ist es durchaus ein besonderes Hörerlebnis. Aber es macht große Freude und wahrscheinlich wird das auch der Kurs sein, wo ich zwangsläufig am ehesten in die Sprach rein komme. Nicht zuletzt dank Mama Agnes, eine herzliche Maassaimatrone, die sich ziemlich deutlich aber äußerst charmant weigert Englisch zu sprechen und mir dies ebenso konsequent auf Kiswahili zu verstehen gibt.
Absoluter Hammer für mich ist die Lecture der katholischen Briefe in D4 - dem Abschlussjahrgang. Über die besonderen Herausforderungen habe ich ja schon im letzten Bloggeintrag ein wenig berichtet. Mal schauen, wie wir uns arrangieren werden. Diese Stunden sind mit am Vorbereitungsintensivsten und im Anschluss bin ich eigentlich ziemlich platt. Besonders bei den Double-Lessons gleicht die Stundenglocke schon fast einem Erlösungsschlag.

In dieser Klasse sitzt auch ein Student mit einer Hör-und Sprachschwäche. Durch die finnische Mission wurde ihm und seinem Gebärdendolmetscher das Studium finanziert. Bei meinem Gottesdienst in Arusha vor zwei Wochen traf ich die Regionalkoordinatorin der Finnischen Mission, die mich direkt auf den Schüler ansprach und herzliche Grüße ausrichten ließ. Ich berichtete ihr dann von meinen Erlebnissen und wie fasziniert ich davon bin, dass nicht nur einer dolmetscht, sondern wie schließlich der ganze Kurs dadurch sensibilisiert wird und sich selbst in der Kommunikation übt. So war es auch kein Problem als am vergangenen Donnerstag der dolmetschende Kommilitone aufgrund einer Beerdigung nicht anwesend war und kurzerhand jemand anderes einsprang.
Habe ich während meines Studiums in Bethel die Arbeit des Konvents Seelsorger mit Behinderung mitbekommen, hätte ich ein solches Engagement in Tanzania nicht erwartet. So musste ich bereits in meiner ersten Woche mit einem Vorurteil aufräumen. Denn nicht nur Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung wird das Studium ermöglicht. Darüber hinaus gibt es in der Bibliothek auch Bücher in Brailleschrift.

1 Kommentar:

  1. Mann, mann, mann, Du schreibst ja immer halbe Romane! Aber es klngt extrem spannend und Du scheinst Dich ja richtig wohl zu fühlen, das freut mich!
    Schick Dir eine dicke Umarmung!

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